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Grundwerte respektieren

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In seiner Ansprache zur Eröffnung des Festes der Arbeit, der Kulturen und der aktiven Demokratie ging der Direktor des Kulturzentrums Neumünster, Claude Frisoni, kurz auf die Europäische Union ein und machte darauf aufmerksam, dass die Staatengemeinschaft ihre eigenen Verträge nicht mehr respektiere.

Und in der Tat: Der wirtschaftliche und soziale Fortschritt wurde bereits in den Gründungsverträgen festgehalten.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Der Vertrag von Rom, den Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, die Niederlande und Luxemburg am 25. März 1957 unterzeichneten, hatte hehre Ziele. Den Menschen sollte es nach dem Krieg besser gehen, das Projekt Europa sollte seinen Teil dazu beitragen, den Frieden langfristig zu garantieren und die Menschen in eine schöne und gute Zukunft führen.

So wurde die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsumstände vertraglich festgehalten.

Viele Jahrzehnte lang funktionierte das ehrgeizige Projekt. Die Wirtschaft florierte, die Lebensumstände verbesserten sich. Zahlreiche Staaten schlossen sich der europäischen Gemeinschaft an, die Attraktivität der Union, die aus dieser Gemeinschaft hervorging, war ungebrochen.

Das Projekt ist gefährdet

Allerdings ist dies seit mehreren Jahren nicht mehr der Fall. Selbst die Gewerkschaften, die immer ein Verfechter des europäischen Gedankens waren, haben Mühe, ihre Mitglieder von den Vorteilen der EU zu überzeugen.

Die EU-Kommission hat sich im Verein mit dem Rat wirtschafts- und finanzpolitisch zu weit aus dem Fenster gelehnt. Aufbauend auf falsche Berechnungen von sogenannten Wirtschaftswissenschaftlern haben die Brüsseler Strategen besonders die südlichen Länder der Gemeinschaft zu einer Sparpolitik verdonnert, die sie auf schnellstem Wege an den Abgrund führte.

Die Begeisterung für die Europäische Union von Bevölkerungen von Staaten wie Griechenland und Spanien, die ihre jungen Arbeitslosen in Millionen zählen müssen, nimmt mit jeder weiteren Austeritätsmaßnahme ab. Mittlerweile können antieuropäische und selbst neofaschistische Parteien wieder mit Wahlerfolgen rechnen.

Die oben genannten Strategen wären gut beraten, wenn sie die Stimmung unter den Bevölkerungen ernst nähmen. Selbstverständlich kann in Brüssel so getan werden, als höre man die Signale nicht, als sei jeder weitere Generalstreik eben nur ein weiterer Generalstreik, der locker auszusitzen wäre.

Dem ist nicht so. Mit jeder breiten gewerkschaftlichen Aktion sinkt die Bereitschaft zur Geduld und steigt jene zum Widerstand.

Wer dies nicht sieht, der läuft Gefahr, von der Geschichte überrannt zu werden.

Deshalb raten wir allen verantwortlichen Politikern zur erneuten Lektüre der entsprechenden Verträge. Vielleicht fällt es ihnen ja wie Schuppen von den Augen …