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Griechen im Vorteil

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Dass es mit Syriza in der Regierungsverantwortung nicht wie bisher weitergehen würde, stand vor den Parlamentswahlen in Griechenland ebenso fest wie die Wahrscheinlichkeit, dass die Linken in einer künftigen Regierung den Ton angeben würden.

Die Umfragen waren in dieser Hinsicht konstant und eindeutig. Die harschen Reaktionen vor allem in den der bisherigen Sparpolitik verpflichteten EU-Staaten sind eine natürliche Reaktion auf die Ankündigungen der Neuen in Athen und in dieser Anfangsphase nichts weiter als die Bestätigung bekannter Positionen. Gleichzeitig ist beiden Seiten jedoch bewusst, dass sie diese in ihrer derzeit dargestellten Reinform nicht über die Runden werden bringen können. Wobei die Griechen jedoch im Vorteil sein dürften.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Seit dem Sommer vergangenen Jahres wurde darüber spekuliert, ob nicht doch noch ein drittes Nothilfeprogramm für Griechenland aufgelegt werden müsste. Was, um die mittlerweile besänftigten Geister auf den Märkten nicht wieder aufzuscheuchen, von entscheidenden Stellen beharrlich dementiert wurde. Wenn auch zugegeben wurde, dass einige Anpassungen durchaus noch vorgenommen werden müssten. Vielen mit der Materie Befassten war klar, dass etwas geschehen müsste, damit Griechenland wieder den Anschluss zu den übrigen Euro-Partnern findet. Wie etwa dem ehemaligen EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn, der sich im Detail mit der griechischen Lage auskennt und vor Wochen bereits davon sprach, den Griechen mehr Zeit zu geben, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Was denn auch mittlerweile diskutiert wird, um der neuen Regierung in Athen entgegenzukommen.

Um es kurz zu fassen: Vielen war klar, dass es eher früher als später zu einer Kehrtwende in der griechischen Krisenpolitik kommen müsste. Nur fehlte es an der richtigen politischen Konstellation, um dies anzugehen. Mit Syriza hat sich das jetzt geändert. Es würde nicht wundern, wenn auch in Brüssel und Berlin hinter der Hand ein befreiendes Aufatmen zu vernehmen wäre. Die dortigen Entscheidungsträger werden sich ihren Kurswechsel damit erklären, dass sie angesichts der Forderungen der Linken keine andere Wahl hatten, wenn die Eurozone erhalten werden sollte.

Mehr als Wirtschaftsreformen

Nur reine Puristen wollen noch nicht von ihren Positionen lassen und verweisen dabei darauf, dass auch Programmländer – auf finanzielle Hilfe angewiesene Euro-Staaten – wie Spanien, Portugal und Irland den harten Weg des Sparens gehen mussten und mittlerweile wieder von der Aufsicht der verhassten Troika befreit sind. Allerdings unterscheidet sich Griechenland grundsätzlich von diesen drei. Sie hatten mit punktuellen wirtschaftlichen Problemen zu tun. In Griechenland musste und muss auch weiterhin, neben der Wirtschaft, ein ganzer Staat reformiert werden, einschließlich der Parteienlandschaft, die mit einem ausgeprägten Klientelismus mit zur Misere beigetragen hat. Auch hier ist ein Bruch mit dem Bisherigen nur mit einer nicht-systemkonformen Regierung möglich. Dies sollte Syriza positiv angerechnet und mit Entgegenkommen belohnt werden.