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Garde à vous!

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Wie Luxemburg schleichend militarisiert wird.

Das Friedensprojekt EU erlebt derzeit eine echte Bewährungsprobe. In Osteuropa beschimpfen sich Mitgliedsländer, weil sich der Nachbar der finanziellen Belastung durch Flüchtlinge auf Kosten der anderen entledigt. Zäune sind im Europa ohne Grenzen nicht mehr bloß Hirngespinste ewiggestriger Nostalgiker des Nationalstaats, wie wir ihn aus Vorkriegszeiten kannten.

Lucien Montebrusco lmontebrusco@tageblatt.lu

Im Osten des europäischen Kontinents schwelt die ukrainisch-russische Krise, die schnell zu einer europäischen ausufern könnte. Die Nettigkeiten, die westliche Regierungen mit den Moskauer Kollegen austauschen, erinnern immer häufiger an jene aus Zeiten des Kalten Krieges, als sich die zwei Systeme waffenstarrend gegenüberstanden. Dabei hatte uns doch 1992 der US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama „Das Ende der Geschichte“ erklärt. Der Kapitalismus als Wirtschaftssystem hatte gesiegt. Der Bösewicht hinter dem Eisernen Vorhang war erledigt und damit der Kampf zwischen den Systemen. Frieden und Demokratie würden nunmehr weltweit ihren Siegeszug fortsetzen. Rund zwei Jahrzehnte später sieht die Wirklichkeit anders aus.

Die NATO, als Verteidigungsbündnis vor allem in Europa gedacht, rüstet massiv auf. Im September 2014 verpflichtete sich Luxemburg beim NATO-Gipfel, seinen Verteidigungsetat bis 2020 von derzeit 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 0,6 Prozent anzuheben, eine Verdoppelung in knapp fünf Jahren. Das Budget sieht für die kommenden Jahre Steigerungsraten im zweistelligen Bereich vor (siehe Tageblatt-Ausgabe vom 4. November 2015).

Die Aufrüstung des Landes lässt sich sehen. Das glücklose Militärflugzeug, das Luxemburg vor Jahren erworben, aber noch immer nicht bekommen hat, gehört quasi schon zum Inventar. In trockenen Tüchern ist das Projekt eines Militärsatelliten, den der Staat zusammen mit der SES bauen lässt. Nun plant man an der Einrichtung eines Militärkrankenhauses. Wo und wie das Vorhaben umgesetzt wird, ist derzeit noch ungewiss. Das Projekt werde geprüft, antworteten Gesundheitsministerin Lydia Mutsch und Verteidigungsminister Etienne Schneider auf eine parlamentarische Frage.

Ja, das Land rüstet auf, aber auch Luxemburg soll etwas davon haben, so beschwichtigende Erklärungen. Luxemburg versucht sich auch in Militärfragen als schlauer Fuchs. Keine Ausgaben ohne eigenen Vorteil. Beim Militärsatelliten hofft man auf Einnahmen durch die Vermietung von Übertragungskapazitäten. Das Militärkrankenhaus soll zusätzliche Betten für die Zivilbevölkerung bieten … und Schussverletzungen behandeln können. Und das in Friedenszeiten.

Alles in Ordnung demnach? Eines ist offensichtlich: Wir erleben derzeit eine schleichende Militarisierung des Landes. Längst passé die Zeiten nach dem Mauerfall, als man ernsthaft auf eine Reduzierung der Rüstungsausgaben oder sogar auf eine Auflösung der Armeen hoffen konnte. Bereitet man sich nun auf härtere Zeiten vor? Wie jene rezente Meldung des US-Magazins Foreign Policy im September andeutete, dass das Pentagon an neuen Kriegsplänen für eine Schlacht gegen Russland im Baltikum arbeite.

Aber vielleicht besann man sich im NATO-Hauptquartier bloß des altrömischen Sprichworts „Si vis pacem para bellum“ – willst du den Frieden, so bereite den Krieg vor. Womit das in der Vergangenheit allzu oft endete, weiß man in der Zwischenzeit.