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Für die Dauer eines Gipfels

Für die Dauer eines Gipfels

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Keine Bange, niemand will Sie erschrecken. Aber die Europäische Union gibt es eigentlich zweimal.

Da ist zum einen die EU nach außen. Jene Union mit hehren humanitären Werten, die einen geografischen Raum mit 500 Millionen Bürgern darstellt, auf dessen Entwicklung der Rest der Welt blickt. Allerdings nicht ständig.

Logo" class="infobox_img" />Serge Kennerknecht skennerknecht@tageblatt.lu

Schon gar nicht, wenn es um internationale Sicherheitsfragen geht. Denn dann ist diese Union schwach. Es fehlt ihr an einer gemeinsamen Sicherheits- und an einer gemeinsamen Außenpolitik.

Der frühere US-Außenminister (und Greuther-Fürth-Anhänger, Dinge gibt’s) Henry Kissinger hat die gesamte Problematik einmal damit klargestellt, dass er sinngemäß meinte, die Europäische Union sei erst dann eine Union, wenn er eine Telefonnummer haben würde, die er in Problemfällen anrufen könnte. Doch das wird noch etwas dauern. Mindestens so lange wie es keine konkrete Absprache über den Umgang mit der Tatsache gibt, dass innerhalb der Europäischen Union mit den Atommächten Frankreich und Großbritannien zwei permanente Mitglieder im Weltsicherheitsrat sind, was eine gemeinsame europäische Sprache in sicherheitsrelevanten Fragen natürlich mehr als erschwert.

Vielleicht in wirtschaftlichen Fragen, weniger in internationalen Sicherheitsfragen. Auch wenn sie zur Zeit auf beidenen Ebenen eher wie ein schlafender Riese in einem Märchenpark daherkommtWoran mag es liegen? Da gibt es einen geographischen Raum mit 500 Millionen Einwohnern und er hat als solcher kaum Einfluss auf das Weltgeschehen. Von anderen Räumen dieser Grössenordnung und sogar von viel kleineren Gebieten, wie den USA, um nur diese zu nennen hört man täglich.negativ gefärbt von Interpretationen nationaler Politiker mit eigenen Ambitionen und Zielsetzungen. AlternativeDaneben gibt es die Union nach innen. Ein imposanter Wirtschaftsraum mit einer gemeinsamen Währung. Na ja, fast. Aber immerhin haben 17 der 27 Mitgliedstaaten ja den Euro. Wenn man die Schwäche der Union nach außen hin wegen der oben angeführten Ergebnisse historischer Entwicklungen noch verstehen kann, so muss man sich über den aktuellen Zustand der Union nach innen doch wundern.

Eintönige Finanzdiskussion

Da richten ungarische rechtspopulistische Politiker einen Galgen auf, um die Wiedereinführung der Todesstrafe zu fordern, da verlangen Politiker unverblümt den Rausschmiss eines Landes aus eben der angeführten Eurozone, da schüren Medien Zukunftsängste, indem sie zu einem Zurück zu den Ursprüngen auffordern (die DM lässt grüßen). Statt Gemeinsamkeiten herauszuschälen, werden Gegensätze gefördert. Wobei die nationale Politik in den einzelnen Ländern zumeist aus wahltaktischen Gründen tatkräftige, negativ gefärbte Interpretationshilfe leistet, ohne sich über die Konsequenzen zu wundern. Alles in allem hat man den Eindruck eines wüsten Durcheinanders, das die Bereitschaft des Bürgers, für eine Europäische Union einzutreten, ständig zurückdrängt. Umso mehr, als man sich mit der Bewältigung der Finanzkrise so unsagbar schwer tut. Was auch wiederum mit der Schwäche der Union nach außen zu tun hat.

Angesichts dieses düsteren Umfeldes lässt eine Zahl doch aufhorchen. Laut Eurobarometer wünschen sich 86% der Bürger eine engere zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung. Sollte alles vielleicht doch ganz anders sein? Sollten die Bürger etwa wirklich EU-Bürger sein wollen, um die sich im Bedarfsfall die EU nach außen kümmern könnte? So wie die USA sich um US-Bürger kümmern, die im Ausland Widerwärtigkeiten erfahren?

Kaum auszudenken. Dann allerdings wäre es an der Zeit, in Europa – wenigstens für kurze Zeit, sagen wir mal zumindest für die Dauer eines EU-Gipfels – über andere Dinge zu reden als über die Bewältigung der Krise.

Zum Beispiel über ein Ende des Steuerdumpings, das die Auslagerung von ganzen Geschäftszweigen bewirkte, innerhalb der EU natürlich. Oder vom Ende des Sozialdumpings, der Einführung von Mindestlöhnen, von minimalen, sozialen Sicherheiten und vernünftigen Renten statt von Billigjobs und Niedriglöhnen, die Exporte auf Kosten der Schwächeren so rentabel machen wie in Deutschland. Von gleichen Ausbildungschancen und der Bekämpfung vor allen Dingen der Jugendarbeitslosigkeit.

Nicht dass darüber zurzeit nicht geredet würde, doch von konkreten Ergebnissen ist wenig zu hören. Dabei würde es das Angehen dieser Fragen vielen Bürgern vielleicht wieder leichter machen, ihr geliebtes Europa hinter dem zermodernden Vorhang einer eintönigen Finanzdiskussion hervorzuholen und wieder so zu sehen, wie sie es im Urlaub erleben und es auch ist: kompliziert, sicher, aber voll grenzenloser Kultur, gemeinsamer Werte und Hoffnungen.