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Falsch aufgestellt

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Welche Eingebung sie auch immer geleitet haben mag, der Zeitdruck angesichts der dramatischen Ereignisse vor Ort, die Tatsache, dass die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zur gleichen Zeit mit der iranischen Delegation über das weitere Fortfahren in der Atomenergiefrage verhandelte und daher nicht sofort abkömmlich war.

Mit ihrem direkten Eingreifen in die Geschehnisse in Kiew haben die drei europäischen Außenminister Laurent Fabius, Frank-Walter Steinmeier und Radoslaw Sikorski ein Zeichen gesetzt.

Serge Kennerknecht skennerknecht@tageblatt.lu

Die Europäische Union, so die Feststellung, deren seit Jahren vergebliches Bemühen, eine gemeinsame Außenpolitik herbeizuführen und mit einer Stimme zu sprechen, eines ihrer größten internationalen Probleme darstellt, ist dennoch durchaus handlungsfähig. Wobei sich hinter dieser Erkenntnis eine erfreuliche und eine bittere Note zugleich verbergen.

Erfreulich ist sie, weil sich die drei Außenminister nicht auf übliche diplomatische Stellungnahmen mit erhobenem Zeigefinger beschränkten, sondern sich vor Ort begaben. Um dort zu vermitteln, wo sich die Dinge abspielten.

Drei europäische Außenminister begeben sich inmitten des Geschehens und helfen zu verhandeln, während auf den brennenden Straßen von Kiew die Leichname von Scharfschützen getöteter Demonstranten und Polizisten unter Lebensgefahr geborgen werden. Das ist durchaus nicht selbstverständlich. Auch deswegen nicht, weil zur gleichen Zeit 25 weitere Außenminister, von Catherine Ashton zu einer Ukraine-Sondersitzung eilig nach Brüssel berufen, dort vergeblich auf die drei warten, weil sich ihre selbst gestellte Mission hinzieht.

Handeln ist gefragt

Bleibt die Frage, was geschehen wäre, wenn die Tagung der Außenminister wie geplant zustande gekommen wäre. Wenn Fabius und Steinmeier nicht quasi vom gemeinsamen Treffen der deutsch-französischen Regierungen letzte Woche in Paris direkt nach Kiew aufgebrochen wären und Sikorski sie nicht begleitet hätte. Es wäre gekommen, wie es denn auch den 25 Kollegen mit ihrer Außenbeauftragten Ashton nicht anders übrig geblieben ist, dann allerdings von 28 Ministern: Drohgebärden gegen die „Schuldigen“, gepaart mit Sanktionen auszusprechen, die umso unsinniger sind, als sie in der Ukraine den Umständen entsprechend ohnehin niemanden interessierten. Kurzum, die Europäische Union wäre einmal mehr ein papierner Tiger geblieben, unfähig, wirksam in Abläufe generell und besonders vor ihrer Haustür einzugreifen.

Wobei man dann bei der bitteren Note ist. Jene, die klarstellt, dass eine gemeinsame Außenpolitik, so wie die Europäische Union sie zurzeit betreibt, unwirksam ist. Nicht langwieriges, diplomatisches Taktieren, nicht Diskussionen um jedes Komma bringen weiter, sondern Handeln ist gefragt.

Nur durch das gemeinsame Vorgehen von Frankreich, Deutschland und Polen wurde die Europäische Union in Sachen Ukraine vom ungehörten, passiven Mahner zum politischen Akteur. Was zum einem zeigt, dass in Europa vieles möglich ist, wenn sich Paris und Berlin einig sind. Umso mehr, als sie sich mit Polen zusammentaten, jenem Land, das selber in den Jahren 1981-1983 unter Präsident Jaruzelski eine Art Kriegszustand durchlebte, nachdem Solidarnosc, die erste freie Gewerkschaft im damaligen Osteuropa, verboten und ihre Anführer verhaftet worden waren. Wie emotional verbunden die Polen heute noch auf ihren direkten Nachbarn im Osten blicken, verdeutlicht auch die Tatsache, dass in dem Land bereits Spendenaktionen für die Ukraine anliefen, während der Rest Europas noch mit relativer Gleichgültigkeit auf das dortige Geschehen blickte.

Zum anderen zeigt es, dass Europa ernst genommen wird, wenn es handelt. Wenn auch leider eher ohne Brüssel. Fakt ist, dass ohne russische Unterstützung die Entwicklung in der Ukraine eine andere gewesen wäre. Ob aber der russische Präsident Wladimir Putin einer von Brüssel ausgehenden Ukraine-Initiative von drei europäischen Ministern seine Unterstützung zugesagt hätte, so wie es jetzt der Fall war, darf bezweifelt werden. Direkte Gespräche mit dem französischen Präsidenten François Hollande und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel helfen da schon eher.

Bleibt festzuhalten, dass europäische Außenpolitik durchaus existiert, wirksam sein kann und anerkannt wird, wie an rezenten Beispielen der beschriebene Vorgang in der Ukraine, das entschlossene Vorgehen Frankreichs in Mali und in Zentralafrika oder, wenn auch auf anderer Ebene, die Annahme durch den Weltsicherheitsrat, gestern, der von Luxemburg mit ausgearbeiteten Resolution zur humanitären Hilfe in Syrien aufzeigen.

Eine erfolgreiche europäische Außenpolitik einzelner Länder gibt es demnach, nicht aber eine gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union. Die ist und bleibt falsch aufgestellt.