Ein beredtes Beispiel ist die für jeden noch menschlich denkenden Zeitgenossen wichtigste Bottomline (Ergebniszeile) der EU-Politik: 26 Millionen Arbeitslose, davon 18,8 Millionen in der Eurozone. Damit ist, nach dem verheerenden Krisenmanagement der „Spar“-Ideologen, die sich um Frau Merkel scharten, ein Höchststand erreicht. Er verbaut den jungen Menschen die Aussicht auf ein menschenwürdiges Leben.
Alvin Sold asold@tageblatt.lu
Anstatt immer nur nach den Schulden zu fragen, welche die einzelnen Staaten zu tragen und zu tilgen haben, sollte die Schuld, die ungeheure, nie mehr gutzumachende Schuld der expertenhörigen Politiker zur öffentlichen Debatte stehen.
Im politischen Geschäft muss bekannt sein, dass sich nur 10 bis 15% der Prognosen nach einem Jahr als richtig erweisen. Und dennoch werden sie immer wieder als Argument für „dringend notwendige“ Maßnahmen missbraucht. Der Minister stützt sich, sogar um dicken Mist durchzusetzen, auf das anscheinend unanfechtbare Zahlenwerk, das ihm seine Statistiker und Futurologen vorlegen. Er kann ja nicht anders, als sich den Gesetzen der Mathematik zu beugen …
Wie mies der Umgang mit diesen Gesetzen heutzutage in der Politik und in der Wirtschaft ist, verdeutlichte die Darstellung der BIP-Daten aus dem dritten Trimester. Man verzeichne, oh Schreck!, 2012 einen „Absturz“ von 0,1% gegenüber der Vergleichsperiode 2011! Schon wieder ein eklatanter Beweis dafür, dass die Krise auch vor Luxemburg nicht haltmache!
Natürlich macht sie an den alten Grenzen nicht halt. Was draußen passiert, hat seine Auswirkungen bei uns.
Aber die lokale – vermeiden wir das pompöse Wort „nationale“ – Verantwortung beginnt dort, wo unsere Regierung noch eins draufsetzt. Die Kernzahlen des Staatswesens erfordern keine Austerität und keinen Sozialabbau nach deutschem Vorbild. Mehrere Berichte das statistischen Amtes Statec verwiesen darauf, dass das sogenannte Sparen das Bruttoinlandsprodukt um 0,5% zurückwirft.
Andersrum gesagt: Man führt das Land ganz bewusst in die Abwärtsspirale, die irgendwann in die Rezession mündet. Und der Rezession schöne Seite ist eben die zunehmende Angst der Bürger um die Jobs, eine Angst, die ihnen den Mut zum Protest nimmt und sie mürbe macht für die „Reformen“, die notwendig wären, um den Nachbarn, den Osteuropäern und den Chinesen gegenüber zu bestehen. In der hohen Politik findet sich keiner mehr, der auf das Unethische der Umverteilung von unten nach oben verweist. Weltweit agierende Großunternehmen entlassen Zehntausende, obwohl sie schwer Geld verdienen; aber fast alle Börsenindizes legten 2012 zweistellig zu, während (oder weil?) die Politik überall, auch in Luxemburg, Opfer verlangte, die inzwischen die Mittelschicht belasten.
Die Marktwirtschaft hat sich während der Globalisierung vieler Regeln entledigt, die sie zähmten und in den Dienst der Gesellschaft stellten. Sie konnte es, weil ihre Experten, ihre Lobbyisten die Politik zu domestizieren wussten, mit positiven wie negativen Ausblicken, mit Versprechen und Halbdrohungen.
Widerstand lohnt sich
Gibt es eine Alternative zu dem Machtmissbrauch, den die Herren des Geldes, ob als Eigentümer oder Topmanager, derzeit so frei ausüben können?
Es gab sie in der Gestalt der Sozialdemokratie.
Diese verstand sich als eine politische Kraft, die mit fortschrittlichen Reformen im Interesse der Allgemeinheit den Weg zu einer gerechten Gesellschaftsordnung finden und begehen wollte.
Jetzt versteht sie sich allerdings als eine verwaltende Institution, die, wie alle Seiten, auf die Experten zu hören hat.
Zum Verzweifeln? Aber nein. Die Geschichte lehrt, dass der Widerstand sich schließlich lohnt.
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