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Europäisch statt national

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Und jetzt doch noch Spanien. Es hatte sich seit geraumer Zeit angekündigt, dass das Land, um seine Banken zu retten, früher oder später die Hilfe des Euro-Rettungsfonds EFSF anfordern würde. Mit allem, was jetzt folgen wird.

Nachdem Spanien bereits vergangene Woche von einer Ratingagentur abgestuft worden war, wird, mit einer zusätzlichen Schuldenlast von 100 Milliarden auf dem Buckel, demnächst wohl eine weitere Herabstufung folgen. Das drückt sich, doch davon ist die Regierung in Madrid längst betroffen, in der Zahlung höherer Zinsen für die Aufnahme neuer Kredite aus. Insofern wird das im Laufe der Finanzkrise betriebene „Erfolgsmodell“ „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“ weiter angewandt. Mal sehen, ob die Regierung des Konservativen Mariano Rajoy jetzt auch darauf bestehen wird, dass der Staat seinen Anteil an den geretteten Bankhäusern erhält.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Das dürfte wohl das Mindeste sein, was sich in dieser Situation aufdrängt. Und da mit Spanien eines der großen Euro-Länder am EFSF-Tropf hängt, den es mit garantiert, wird wohl auch dem Euro-Rettungsfonds bald am Rating geflickt. Es ist also längst nicht vorbei, weder mit der Finanz- noch mit der Schuldenkrise, denen sich die Europäer bereits seit fast fünf Jahren gegenübersehen. Denn schon wird jetzt um Italien gebangt, dass da doch noch was kommen könnte und die Dinge dann vollends aus dem Ruder geräten.

Keine Vision für Europa

Dass die Misere nicht jene sein müsste, in der sich die Euro-Staaten derzeit befinden, ist hinlänglich bekannt. Zu spät wurde mit zu viel Beharrlichkeit auf die falschen Rezepte gesetzt: kaputtsparen und die einzelnen Nationalstaaten in die Pflicht nehmen. Wenn auch seit einiger Zeit erkannt wurde, dass die Förderung des Wirtschaftswachstums ein wesentliches Element ist, um die Abwärtsspirale zu stoppen, bleibt der europäische Ansatz bei der Bewältigung der Krise unterbelichtet. Immerhin handelt es sich hier um Schwierigkeiten in einem gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum und nicht um ein griechisches, portugiesisches, irisches, spanisches Problem. Will heißen, dass es nicht allein ausreicht, wenn die Euro-Länder zu Hause Sparauflagen durchsetzen, und die internationalen Finanzmärkte schießen sich je nach Lage der Dinge auf ein als schwaches Glied in der Kette ausgemachtes Mitgliedsland der Währungsunion ein. Es wird sich nicht gemeinsam gegen diese Praxis gewehrt, jedes Euro-Land ist auf sich allein gestellt. Ein engeres Zusammenrücken ist bislang noch kaum über das Stadium der Lippenbekenntnisse hinaus sichtbar.

Das liegt vor allem auch daran, dass bisher zwei Regierungs- und Staatschefs den Ton angaben, von denen einer, Nicolas Sarkozy, erklärtermaßen die EU eher von einem Direktorium geführt wissen wollte, und die andere, Angela Merkel, nicht einmal im Ansatz über eine europäische Vision verfügt und sich daher auf das Nationale zurückzieht. Das wird unter anderem auch daran deutlich, dass die deutsche Kanzlerin ihren Innenminister mit der irrigen Darstellung gewähren lässt, das Problem der illegalen Einwanderung an den EU-Außengrenzen ließe sich durch die zeitweilige Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beheben.

In der Schuldenkrise lässt dieser nationale Rückzug auch keine gemeinsamen europäischen Anleihen zu. Sie würden so manche Euro-Staaten entlasten, die derzeit übertrieben hohe Zinsen für ihre Anleihen zahlen müssen. Die Kanzlerin aber malt den Teufel an die Wand und sieht in den Eurobonds nichts anderes als eine Aufforderung an die verschuldeten Staaten, noch mehr Schulden zu machen. So viel Vertrauen hat die Frau in den von ihr mitinitiierten Euro-Plus-Pakt und den Fiskalpakt sowie die weiterhin geltenden Stabilitätskriterien, die allesamt ein solches verhindern sollten.