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Esch driftet in Richtung Ghetto

Esch driftet in Richtung Ghetto
(Police)

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In Esch haben also – wieder mal – Autos gebrannt. Ob es sich dabei tatsächlich um Brandstiftung handelte, wird erst die polizeiliche Untersuchung mit letzter Sicherheit ergeben.

Die Art und Weise, wie diese Zwischenfälle ablaufen, machen diese Hypothese aber sehr wahrscheinlich.
Eines ist auf jeden Fall sicher: Esch ist in die falsche Richtung unterwegs. Die Stadt und gerade das Stadtzentrum durchlaufen einen raschen Ghettoisierungsprozess. Vom Sitz unserer Zeitung in der Kanalstraße kann man dies quasi von den Logenplätzen aus beobachten. Dope wird am helllichten Tag auf offener Straße gehandelt und konsumiert. Leute, die so breit und eingeseift sind, dass sie nur noch tierähnliche Laute von sich geben können, lassen minutenlang die Motoren ihrer Autos aufheulen, um anschließend mit kreischenden Reifen und krimineller Geschwindigkeit um das Viertel herum zu brettern.

Und was geschieht? Im Wesentlichen nichts. Die Polizei ist offensichtlich froh, wenn sie weiß, dass sich diese Sorte Leute an einer Handvoll genau bekannter Orte konzentrieren: Das Ghetto (oder meinetwegen Protoghetto) im eigenen Saft schmoren zu lassen, das ist zwar schlechte, aber leider durchaus übliche Polizeitaktik.
Und die Politik? Nun, die meisten der Ädilen ziehen es offensichtlich vor, wegzuschauen. Oder gar gleich die Existenz des Problems in Abrede zu stellen. Das ist bequemer. Und niemand wird einen „Rassist“ schelten.
Allerdings macht man sich dergestalt leicht auch der Feigheit und Pflichtvergessenheit schuldig.
Esch ist stolz darauf, demnächst Universitätsstadt zu werden. Der Urheber dieser Zeilen war am Donnerstag mal wieder in der Universitätsstadt Metz zu Besuch.
Eine schöne Stadt mit Charme, die durchaus öfters einen Besuch lohnt. Dabei hat meine Heimatstadt Esch etwas zu bieten, das Metz nicht hat: den Müll und die Hundescheiße in den Straßen. Wobei die Lothringer ihre Toutous gewiss mindestens so sehr lieben wie wir Escher. Doch offensichtlich verfügen sie sowohl über etwas, das man „Esprit civique“ nennt, als auch über Instanzen, die ihnen wirksam heimleuchten, wenn sie mal Gemeinsinn und elementare Manieren vermissen lassen sollten.

Der Triumph der Vulgarität

Wir in Esch haben offensichtlich immer weniger „Esprit civique“. Dafür aber immer mehr Hundescheiße, Krach, Gestank, Gewalt und … Vulgarität. Und es ist übrigens gerade diese überbordende Vulgarität, die das Leben in dieser Stadt immer weniger lebenswert macht. Der Vorwurf der Vulgarität rührt übrigens in keiner Weise daher, dass Esch auf eine lange Tradition als Arbeiterstadt zurückblicken kann. Im Gegenteil: „Mär“ können zu Recht stolz darauf sein, dass hier Solidarität großgeschrieben wird und unsere vorbildlichen kulturellen Einrichtungen nicht vornehmlich der Verlustierung und Selbstdarstellung der „oberen Zehntausend“ dienen.
Nicht das Proletariat ist also das Problem, sondern vielmehr das Lumpenproletariat: Rücksichtslosigkeit und asoziales Verhalten – und ja, noch einmal: Vulgarität! – versauen zunehmend die Lebensqualität in einer Stadt, die an sich ein hohes Potenzial hätte.

„Rau, aber herzlich“: Das war einmal das traditionelle Image der Escher. Mittlerweile degeneriert dieses aber zusehends in Richtung „bête et méchant“. Und wenn wir nicht höllisch aufpassen, wird der Abstieg zum Ghetto viel schneller verlaufen als der Aufstieg zur Universitätsstadt. Einem Universitätsstandort, dessen größter Vorteil dann im bequemen Autobahn- und Eisenbahnanschluss von Belval nach Luxemburg-Stadt bestünde.