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Entscheidung per Knopfdruck

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Was haben eine Präsidentenbibliothek, PKK-Kämpfer und rote Linien gemeinsam? Sie sind unweigerlich an die Frage nach Krieg oder Frieden gebunden.

Sie erinnern uns aber auch daran, dass die konfessionelle Selbstzerfleischung im Irak mehr denn je ein von außen provoziertes Übel ist. Doch der Reihe nach.

Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu

Vergangenen Freitag (26.04.13) wurde das „George W. Bush Presidential Library and Museum“ in Dallas eröffnet. Dies im Beisein aller fünf lebenden amerikanischen (Ex-)Präsidenten sowie zahlreicher Ehrengäste – darunter Silvio Berlusconi und José María Aznar. Beide klammerten sich an den Schoßrock von Bush Jr., als es darum ging, Uncle Sam in seiner haarsträubenden Irak-Politik zu unterstützen. In besagtem Präsidentenmuseum befindet sich unter anderem das „Decision Points Theater“. Den Besuchern werden mehrere Schlüsselmomente der Bush-Ära vorgespielt. Danach gilt es, eine der vorgegebenen Entscheidungen zu treffen. Heikelster Entscheidungspunkt: Würden Sie im Irak einmarschieren? Was heute aus rechtlicher, sozialer, militärischer und ökonomischer Perspektive eindeutig zu einem Desaster im Irak geführt hat, soll im Museum Verständnis für die damalige Entscheidungsfindung wecken.

Wer sich als Hobbypräsident per Knopfdruck für die Invasion im Irak entscheidet, hat den Köder geschluckt und erhält einen digitalen Schulterklopfer. Wem die Kriegstreiberei der Bush-Ära immer noch ein Gräuel ist, muss wahrscheinlich … einfach weitergehen und sich eine Bretzel am Souvenirladen genehmigen. Historische Manipulation kann so subtil sein.

Einsatz von C-Waffen

Den meisten Irakern dürfte das neue Bush-Museum egal sein. Nach der US-Invasion eskalierte 2003 ein wahrer Glaubenskrieg zwischen den beiden größten islamischen Gemeinden im Irak. Die Polarisierung der politischen Landschaft hat ihren Höhepunkt in den letzten Provinzwahlen erreicht. Alleine letzte Woche starben bei Gefechten zwischen Schiiten und Sunniten im Nord- und Westirak mehrere Dutzend Menschen. Als wäre diese Zuspitzung nicht heikel genug, kündigte die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) den geordneten Rückzug ihrer Kämpfer aus der Türkei in den Nordirak ab dem 8. Mai an. Dieser birgt ein mindestens genauso starkes Gefahrenpotenzial für die Türkei wie für den Irak. Während die türkische Regierung den Abzugsdeal als Sieg inszenieren muss, bleibt die Sorge, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen Ankara und den immer noch bewaffneten PKK-Kämpfern kommt. Auf irakischer Seite stellt sich zudem die Frage, wie sich diese Entwicklung auf die Autonome Region Kurdistan im Nordirak auswirkt. Ihre Grenzen sind umstritten, ihre politischen Absichten ebenso.

Nicht weniger umstritten ist der Einsatz von C-Waffen in Syrien. US-Präsident Obama hatte Damaskus vor der Überschreitung dieser roten Linie gewarnt. Nun überhäufen sich konservative Stimmen mit der Forderung, er müsse Farbe bekennen und eingreifen. Dass die USA bereits mit beiden Beinen im Syrien-Krieg stehen, wird gerne übersehen. Die CIA trainiert Rebellen in Jordanien – kein Zufall, dass König Abdullah II. vergangene Woche nach Washington reiste. Das Gleiche gilt für die Visite des Emirs von Katar. Sein Land spielt auf allen Bühnen mit. Selbst wenn die Beweisgrundlage und die Hintergründe andere als im zweiten Irakkrieg sind: Wenn Obama eines Tages ein „Decision Points Theater“ gewidmet werden sollte, täte er gut daran, aus den Fehlern seines Vorgängers zu lernen. Eine militärische Intervention wäre in Syrien an genauso viele zivile und politische Schicksalsschläge wie im Irak geknüpft.