Die Gesellschaftspolitik ist zweifelsohne der Bereich, in dem die Dreierkoalition großen Erwartungen gerecht werden muss. Zwei Tage nach der Erklärung zur Lage der Nation gab es gestern Konkreteres aus dem Ministerrat. Rot-Blau-Grün hat seine erste große gesellschaftspolitische Reform auf den Weg gebracht – und zwar die überfällige Modernisierung der Abtreibungsgesetzgebung. Diesmal soll es endlich eine Reform geben, die diesen Namen verdient. Mit der CSV war das während der letzten Jahrzehnte nicht möglich.
Den ersten Meilenstein hatte die sozialistisch-liberale Regierung von Premierminister Gaston Thorn gesetzt, als sie 1975 im Ministerrat grünes Licht für das damalige Gesetzesprojekt zum „Avortement“ gab. Ganze drei Jahre dauerte es, bis der Entwurf 1978 endlich im Parlament verabschiedet wurde. Danach gab es eine lange Durststrecke. Luxemburg wurde zum Land mit einer der restriktivsten Gesetzgebungen in der gesamten EU. Die vorige Regierung wagte sich zwar ans Thema heran, brachte aber nur einen halbherzigen Gesetzestext zustande. Ein Schritt nach vorne wurde durch einen anderen Schritt nach hinten neutralisiert.
Ein wahrhaftiger Fortschritt, die unmissverständliche Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung der Frau und das Ende der Bevormundung, schien in weite Ferne zu rücken … bis erstmals nach über 30 Jahren die CSV wieder die Oppositionsbank drücken musste. Nun wird Luxemburg in puncto Abtreibung endlich im 21. Jahrhundert ankommen.
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