In der vor allem politischen Praxis verhält es sich nämlich zumeist so, dass diverse Postulate gerne gebetsmühlenartig wiederholt werden, bis sie auch von dem reserviertesten Bürger als unumstößliche Tatsache angesehen werden.
Tom Wenandy
twenandy@tageblatt.lu
Zu jenen Behauptungen, die nicht (mehr) hinterfragt und gerne vervielfältigt werden, gehört zum Beispiel, dass Luxemburg finanziell kurz vor dem Abgrund steht (die Wortwahl ist allerdings bewusst immer eine andere) und dass, falls es nicht schnellstens zu Änderungen (sprich austeritären Einschnitten) komme, das Land letzen Endes abstürze.
Eine weitere Theorie, die schon seit Jahren vor allem in Oppositionskreisen herumgeistert und jeder faktischen Grundlage entbehrt, ist die, dass sich aufgrund der hohen Wohnungspreise immer mehr Luxemburger nur noch ein Häuschen in der Grenzregion leisten könnten. Eine kleine Rundfahrt im angrenzenden Ausland genügt, um zu sehen, dass es nicht unbedingt Mindestlohnempfänger sind, die sich expatriiert haben, sondern vielmehr Leute mit einem gewissen Einkommen, die sich wohl in Luxemburg etwas leisten könnten, nur eben nicht in der im Ausland möglichen Größenordnung. Hier geht es, anders als dies immer gerne dargestellt wird, nicht um die Befriedigung von wohnungstechnischen Grundbedürfnissen, sondern schlicht und ergreifend um Luxus.
Wahres Problem
Dieser Umstand soll an dieser Stelle allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Luxemburg ein ernstes, ein sehr ernstes Problem mit den Wohnungs- und Mietpreisen hat. Und dies nicht erst seit gestern. Obwohl die CSV stetig darum bemüht ist, es immer so aussehen zu lassen.
Was aber durchaus verständlich ist, schließlich befindet sich der Bereich „Logement“ (wie übrigens auch das Finanzressort) bereits seit Jahren (um nicht zu sagen Jahrzehnten) in der Hand der Christlich-Sozialen.
In unregelmäßigen Abständen treten die mehr oder weniger verantwortlichen Politiker aus der Juncker-Partei vor die Öffentlichkeit und erklären nach der x-ten Bestandsaufnahme der sich stetig nach oben schraubenden Preisspirale, das Problem in Angriff nehmen zu wollen. Nur: es passiert nichts. Denn auch hier gilt: Auch wenn man Hunderte Male erklärt, ein Problem erkannt zu haben und es lösen zu wollen, heißt das noch lange nicht, dass man es auch tatsächlich löst.
So manch einer hatte vielleicht gehofft, dass sich mit der Verabschiedung (Abschiebung?) von Fernand „Pitti“ Boden vom ministeriellen in den parlamentarischen Alltag etwas zum Besseren wenden würde. Bisher wurden diese Hoffnungen aber enttäuscht, muss man nüchtern feststellen. Der „Pacte logement“ wurde zwar durch das „paquet logement“ ergänzt, aber mehr als die nominale Änderung und einige neue, wenn auch schriftlich festgehaltene Lippenbekenntnisse hat auch der neue Minister nicht aufzuweisen. Und es ist zu befürchten, dass sich auch in absehbarer Zeit hieran nichts ändern wird. Auch wenn (oder eben weil) Premier Jean-Claude Juncker anlässlich seiner Rede zur Lage der Nation dem „Logement“ verhältnismäßig viel Zeit einräumte.
Aus dieser Feststellung ergibt sich die Frage, ob der Staat (ganz allgemein, unabhängig von der CSV) überhaupt fähig ist, den Wohnungsmarkt und damit die Preise zu beeinflussen. Die Antwort auf diese Frage aber ist klar: Wer, wenn nicht der Staat – also die Politik –, hat die Mittel (und die Aufgabe), dafür zu sorgen, dass Menschen unter menschenwürdigen Bedingungen leben und wohnen können?
Grundvoraussetzung zur Lösung des sich immer stärker auswirkenden Problems (der Anteil der Ausgaben der Luxemburger Haushalte für Kauf oder Miete steigt stetig) ist aber, dass der politische Wille hierzu besteht. Mit Absichtserklärungen und (manchmal sogar gut gemeinten) Versprechen allein nämlich lässt sich kein bezahlbarer Wohnraum schaffen oder die diesbezügliche Spekulation eindämmen. Aktives politisches Handeln auf nationaler und auch lokaler Ebene ist gefragt. Dass dies nicht einfach ist, steht außer Frage, schließlich werden sich die Profiteure des aktuellen Systems ihre Butter nicht so einfach vom immobiliären Brot nehmen lassen. Was sich möglicherweise auch negativ vor allem auf lokaler Ebene auf die Wiederwahl des engagierten Politikers auswirken könnte.
Aber Politiker wird man ja bekanntlich zum Wohle der Bürger und nicht zum eigenen Wohl … Oder?
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