„Schuld“ an dieser Feststellung ist, wie könnte es auch anders sein, das Doping, Krebsgeschwür des Sports. Und das auch noch in des Luxemburgers liebster Sportart der letzten Jahre, dem Radsport.
Philip Michel pmichel@tageblatt.lu
Wenn der prägende Athlet einer ganzen Sportart alle seine Titel aberkannt bekommt und die Konsequenzen auf Verbandsebene ausbleiben, dann kann man nur von einem schwarzen Jahr für den Radsport sprechen. Erschreckend ist aber nicht allein der tiefe Fall von Lance Armstrong, sondern vielmehr das Ausmaß des Dopingsystems in seinem Team. Armstrong und Johan Bruyneel betrieben ein Dopingnetzwerk mit fast schon mafiösen Strukturen. Ausgerechnet jener Bruyneel, der 2012 als RadioShack-Nissan-Trek-Teamchef den Schleck-Brüdern Beine machen sollte.
Womit wir dann beim nationalen Fiasko des Jahres angekommen wären, Frank Schlecks positiver Tour-Probe auf ein Diuretikum, ein Doping-Maskierungsmittel. Die ist immer noch in den Schlagzeilen, weil auch ein halbes Jahr später noch immer kein Urteil gefallen ist, was im Grunde genommen schon ein Skandal für sich ist.
Um es an dieser Stelle noch einmal zu wiederholen: Die vielen Dopingaffären des vergangenen Jahrzehnts machen es schwer, an eine Vergiftungstheorie zu glauben, denn dann müsste man auch an Alberto Contadors verseuchtes Kalbsfilet glauben oder an Dieter Baumanns gedopte Zahnpasta. Schlussendlich geht es aber nicht um Glauben oder Nicht-Glauben, sondern um die Substanz Diuretikum und wie sie in Frank Schlecks Körper gelangte. Es geht aber auch um die Glaubwürdigkeit der Luxemburger Dopingbekämpfung.
Tour de Luxembourg und „Motoman“
Weniger schön war 2012 auch, dass Luxemburg im Bericht der US-amerikanischen Anti-Doping-Behörde Usada „zu Ehren“ kam. Erstens durch eine Episode in der Tour de Luxembourg 2001, als die US-Postal-Mannschaft um Benoît Joachim aus Angst vor einer Razzia, die dann auch tatsächlich stattfand, Dopingmittel im Wald vergraben haben soll. Und zweitens durch Frank Schleck, der mit seinem Teamkollegen Jens Voigt und dem vermeintlichen „Motoman“ auf einem Foto posiert. Eben jenem „Motoman“ aus Südfrankreich, der das Peloton im Allgemeinen und das US-Postal-Team von Lance Armstrong im Speziellen mit Dopingmitteln versorgt haben soll.
Wer sich mit dem Usada-Bericht ernsthaft auseinandersetzt, dem fällt ein weiterer Grund für ein schwarzes Jahr 2012 ein. Und zwar, dass Verbandsfunktionäre allem Anschein nach von Armstrongs und Bruyneels Machenschaften wussten und sie zum Teil auch noch dabei deckten. Pat McQuaid weigert sich beharrlich, von seinem Posten als Präsident des Radsport-Weltverbands UCI zurückzutreten. Die Leidtragenden dieses Trauerspiels sind in erster Linie jene Radprofis, die mit Doping nichts am Hut haben. Und die sollten spätestens seit der Einführung des Blutpasses und des „Whereabouts“-Systems in der Überzahl sein. Trotzdem sehen sie sich nun wegen Armstrong, Bruyneel und Co. einem abermaligen Generalverdacht ausgesetzt, zudem verhindert McQuaid durch das Klammern an seinem Posten einen Neuanfang.
2012 war demnach ein Jahr zum Vergessen, zumindest für den Radsport. Die Misserfolge des neuen RadioShack-Nissan-Trek-Teams sowie Andy Schlecks Verletzungspech hätten eigentlich schon als Enttäuschung ausgereicht. Oder aber das Straßenrennen in London, als sich mit Alexander Winokourow ein Radprofi mit einem alles andere als guten Leumund (Stichwort Fuentes-Affäre und Fremdblutdoping bei der Tour de France 2007) die Goldmedaille sicherte.
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