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Ein Putsch, der keiner sein will

Ein Putsch, der keiner sein will

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Kreuzungen, die von Panzern bewacht werden, Rundfunkstationen und soziale Medien, die unter der Kontrolle der Armee stehen: Es sind die klassischen Anzeichen eines Militärputsches.

Die thailändischen Streitkräfte, welche gestern den Zivilisten die Macht entrissen haben, wollen dennoch keine Putschisten sein.

Francis Wagner

fwagner@tageblatt.lu

Die Lamettaträger wollen den Parteipolitikern mal wieder Disziplin einbläuen. Kasernen sind eine relativ einfach strukturierte Welt: Es gibt klare Hierarchien und ein Befehl ist ein Befehl. Und wer nicht spurt, muss mit seiner Zahnbürste Latrinen schrubben. Weggetreten!

Die Welt außerhalb der Kasernenmauern ist ungleich komplexer, so komplex, dass ein Land wie Thailand darüber quasi unregierbar werden kann. Und so erliegen dann Soldaten immer wieder der Versuchung, dem zivilen Chaotenpack die autoritär strukturierte Funktionsweise ihrer eigenen Firma aufzwingen zu wollen. Was, vor allem, wenn weite Teile des Volkes ein gewisses Bildungsniveau besitzen, selten gut geht.

Nicht ihr Handwerk

Einen modernen Staat zu regieren, ist nämlich nicht das Handwerk, das die Kommissköpfe erlernt haben. Und die Zufriedenheit der Bevölkerung lässt sich nicht mit vorgehaltener Waffe erzwingen.

Es braucht zudem längst nicht mehr bewiesen zu werden, dass Offiziere, sobald sie sich in die Politik einmischen, mindestens ebenso anfällig für Korruption sind wie jene zivilen Politiker, deren Käuflichkeit ihnen nur allzu oft als wohlfeiler Vorwand für eine Machtergreifung dient.

Die Bewegung der Rothemden, die der derzeitigen geschäftsführenden Regierung unter Niwattumrong Boonsongpaisan nahe steht, macht bereits deutlich, dass sie wohl fürs Erste das Kriegsrecht, keineswegs aber einen regelrechten Putsch und die Einsetzung eines nicht gewählten Regierungschefs hinzunehmen bereit sei. Und da Soldaten nun einmal zur Aufrechterhaltung ihrer Autorität kaum andere Mittel zu Gebote haben, als in den Haufen zu schießen, wenn die Zivilisten Zoff machen, ist die Lage in Thailand, selbst wenn zurzeit das Leben seinen mehr oder weniger normalen Lauf zu nehmen scheint, äußerst gefährlich.

Während die Generäle behaupten, dass ihre Aktion vor allem den Zweck habe, Straßenkämpfe zwischen den rivalisierenden politischen Lagern zu verhindern, könnte am Ende ausgerechnet ihr Vorgehen Blutvergießen zur Konsequenz haben.

Für den Tourismus, einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Thailands, wäre ein Abgleiten des Landes in bürgerkriegsähnliche Zustände natürlich Gift. Denn es gäbe keine Garantie dafür, dass die Auseinandersetzungen auch diesmal den traditionellen Tourismusgebieten erspart bleiben würden.

Eine Lösung für Thailands enorme soziale Probleme wird indes sicher nicht aus dem Lauf der Gewehre kommen können.

Francis Wagner