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Ein Europa der Geldsäcke

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Am Mittwoch (17.04.13) wird Baroness Thatcher zu Grabe getragen, doch der von ihr mitinitiierte Liberalisierungs- und Privatisierungswahn wird sie überleben: Gerade in der Brüsseler EU-Kommission treiben einige in die Wolle gefärbte Wirtschaftsliberale ihr Unwesen, die der ihnen heiligen Ideologie ohne Rücksicht auf Verluste zum Durchbruch verhelfen wollen.

Der Luxemburger Europaparlamentarier Robert Goebbels hat am Dienstag erklärt, warum er z.B. den Zasada-Bericht über eine „verbesserte“ Konkurrenz des „Groundhandling“ auf EU-Flughäfen nicht mitzutragen bereit ist. Wenn man nämlich einen kleinen Flughafen wie den Findel dazu zwingen würde, mindestens drei Firmen gegeneinander in Konkurrenz zu setzen, gäbe es für diese Firmen auf Dauer bloß eine Methode, um Gewinne auf dem von ihnen eingesetzten Kapital zu realisieren: nämlich auf dem Rücken ihrer Angestellten. Ein Flughafen wie Findel ist schlicht zu klein, als dass drei derartige Service-Unternehmen darauf auf korrekte Weise ihr Auskommen finden könnten.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Ständiger Druck auf die Löhne und die Arbeitsbedingungen: Ist das wirklich das Europa, das die Kommission den Europäern als goldene Zukunft in Aussicht stellen will? Muss man sich da noch wundern, dass immer mehr EU-Bürger das vereinte Europa als eine Veranstaltung betrachten, die in erster Linie zum Wohle der Geldsäcke eingerichtet wurde?

… und der Krämerseelen

Sicher, es gibt durchaus Bereiche, in denen eine gesunde Dosis Konkurrenz faul gewordenen Monopolisten Feuer unter dem Hintern macht, was sich sehr wohl zum Vorteil der Konsumenten auswirken kann.

Doch die Realität etlicher Liberalisierungen entspricht meistens nicht dieser Idealvorstellung. Beispiel Eisenbahn: In England z.B. endete die Privatisierung des Netzes in total verlotterten Infrastrukturen, welche mehrere tödliche Unfälle zur Konsequenz hatten.

Als Dreingabe durften sich die betroffenen Eisenbahner dann auch noch über drastisch verschlechterte Arbeitsbedingungen freuen. In anderen Ländern hat die Bahnliberalisierung dazu geführt, dass ausgerechnet die privaten Töchter großer europäischer Staatskonzerne wie DB und SNCF sich immer mehr Marktanteile unter den Nagel reißen.

Die Postliberalisierung hat in den Niederlanden z.B. zur grotesken Konsequenz geführt, dass man mancherorts nicht weniger als vier Briefträger beobachten kann, die frühmorgens in der gleichen Straße einer nach dem anderen die ihrem jeweiligen privaten Arbeitgeber anvertrauten Sendungen austragen. Unsinn mit Methode? Nun, ein echter Neoliberaler betrachtet gerade das als Fortschritt: Hauptsache, ein korrekt bezahlter Staatsangestellter (igittigitt) wird zum Wohle privater Aktionäre durch vier miserabel entlohnte (bzw. „flexible“, wie das im neoliberalen Neusprech heißt) Heloten verdrängt.

Ein Europa der Krämerseelen als reine Freihandelszone mit maximalen Profitmöglichkeiten und minimalen Arbeitnehmerrechten, so wünschen es sich die Thatcher-Jünger.

Doch Kommissare, welche sich in den Dienst dieser Ideologie stellen, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich als Totengräber jener nationenübergreifenden, solidarischen Gemeinschaft freier Bürger betätigen, als welche das vereinte Europa nach der Niederlage der Hitler-Barbarei ursprünglich gedacht worden war.