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«Doppelstandards»

«Doppelstandards»
(Tageblatt-Archiv)

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Die Saudis haben einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat abgelehnt. Ein in der Form bislang nicht wirklich da gewesener diplomatischer Affront.

Viel wurde am Freitag über die Beweggründe spekuliert – bis vor kurzem hätte niemand mit diesem Umschwung gerechnet. Die offiziellen Argumente zur Absage leuchten auch nicht wirklich ein: „Machtlosigkeit“, „Doppelstandards“, gescheiterte Syrien-Politik der Vereinten Nationen (UN) und keine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Während man über die Effizienz der UN debattieren kann und über die Tolerierung der israelischen Kolonialpolitik streiten muss – sie hat sich in den ersten sechs Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 70 Prozent gesteigert! –, hinterlässt die Moralpredigt aus Riad dennoch einen sehr faden Beigeschmack.

Erstens drückt sich Saudi-Arabien davor, ernsthaft Verantwortung zu übernehmen. Die UN sind immer noch die zentrale friedensstiftende Institution.
Außerdem haben die Großmächte kooperiert, um eine UN-Resolution zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen zu verabschieden. Das Argument der „Machtlosigkeit“ hat vor diesem Hintergrund wenig Substanz.

Noch hypokritischer ist der Vorwurf der „Doppelstandards“. Wer liefert denn militärische Ausrüstung und Millionen von Petrodollars an religiöse Extremisten und trägt zur Verschärfung des Syrien-Konflikts bei? Und wer tritt in seinem eigenen Land die Frauenrechte mit Füßen, spielt sich aber gleichzeitig als großer Beschützer der syrischen Bevölkerung auf? So viel zu den „Doppelstandards“.