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Dominanz des Westens

Dominanz des Westens

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Es gibt jede Menge Theorien und Erklärungen, weshalb der Westen in den vergangenen beiden Jahrhunderten eine derart dominierende Rolle auf der Weltbühne gespielt hat.

Ältere bis neuere Erklärungsversuche aus unserem Erdteil fußten oft auf rassistischen Überlegungen. Wir waren reicher, mächtiger, einfach besser, weil wir „zivilisierter“ waren. Die anderen waren schlicht und einfach Barbaren.

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Der Westen ging besonders nach dem Ende der Napoleonischen Kriege hin und degradierte die großen anderen Zivilisationen, welche man noch nicht unterworfen hatte – den islamischen Raum, Indien und China – zu Entwicklungsregionen, nur um sie sich besser, Stück für Stück, einverleiben zu können. Dabei war damals, aus wirtschaftlicher Sicht, diese Dominanz noch nicht einmal gegeben.

Heute sieht man aus unserer Perspektive diese historischen Entwicklungen etwas anders. Dem Westen gelang es aus unterschiedlichen Gründen, einen technologischen Fortschritt nicht nur aufzubauen und weiterzuentwickeln, es gelang ihm vor allem, diesen Fortschritt für sich selbst zu bewahren und in kürzester Zeit andere Teile der Welt dadurch zu dominieren.

Dass andere Weltregionen – besonders China und Indien – ökonomisch und kulturell heute ganz oben mitspielen, kann man als Entwicklung dieser Länder begreifen. Man kann diesen laufenden Prozess – besonders in puncto wirtschaftliche Macht – jedoch auch als Rückkehr zu einem bereits vor Jahrhunderten bestehenden Gleichgewicht sehen. Sicher, ein Gleichgewicht, das eigentlich nie ruhen wird.

Europas relativer Niedergang und Machtverlust auf der Weltbühne erklärt sich auch dadurch.

Eines scheint jedoch sicher. Europa wird auf absehbare Zeit diese einmalige Position, die es in den beiden vergangenen Jahrhunderten innehatte, nicht mehr wiedererlangen. Dies mag besonders traumatisch sein für die Länder, die immer noch ihren alten Imperien nachtrauern. Der Grund hierfür liegt komischerweise darin, dass es heutzutage fast auszuschließen ist, dass technologischer Fortschritt nur für die eigene Nation bewahrt werden kann – der Globalisierung und dem Internet sei Dank. Ob nun freiwillig Technologien ausgetauscht werden oder ob sie geklaut werden, ist in diesem Fall nebensächlich.

Zwar halten einige Länder, allen voran die USA, in diversen entscheidenden Bereichen – bei der Waffentechnik, der Informationstechnologie, der Finanzkraft und -technologie – weiterhin einen kleinen und oft – aber nicht immer – entscheidenden Vorsprung. Dies hindert jedoch die Welt nicht daran, seit längerem multipolar geworden zu sein. Diese Situation impliziert eigentlich nur zwei mögliche Strategien für den Westen.

Er kann versuchen, den kleinen Vorsprung, den er noch hat, gegen die anderen zu verteidigen. Dann allerdings muss er fast sämtliche Mittel einsetzen, die ihm zur Verfügung stehen – ohne Garantie, seine Dominanz wiederherzustellen. Fast alle Konflikte der letzten 15 Jahre, in denen der Westen involviert war, lassen sich auch durch diese Brille lesen.

Die Zukunft heißt teilen

Der Westen kann auch versuchen, die Menschheit durch den Austausch von Ideen und die gerechte Teilung der Rohstoffe als Ganzes weiterzubringen. Also eine Win-win Situation für alle herzustellen.

Dass es auch Beispiele letzterer Kategorie gibt, ist allerdings fast nur Individuen oder kleinen Gruppen von Menschen zu verdanken. Als letztes Beispiel dürfte Elon Musk gelten. Der Unternehmer, Erfinder und Milliardär stellt die Patente seiner Elektroautos frei zur Verfügung. Das geschieht selbstverständlich nicht uneigennützig, er verspricht sich dadurch den Durchbruch auf dem Automarkt. Es zeigt jedoch auch, dass sich die Großen und Mächtigen ebenfalls in den Dienst der Menschheit stellen könnten, wenn sie denn nur wollten.

Für manche ist dieser Mann (und seinesgleichen) ein nachzuahmender Träumer. Für andere ist er schlichtweg eine Gefahr.