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Diplomatische Syrien-Coups

Diplomatische Syrien-Coups
(AP Photo/Alexander Zemlianichenko)

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Moskau zieht seine Truppen ab

Russland hat gestern kurz nach Beginn der Friedensgespräche zu Syrien den Abzug des Großteils seiner Truppen aus dem kriegsgebeutelten Land angekündigt. Es ist eine kleine Sensation, überraschend und dennoch so typisch für Moskaus Syrien-Politik: Russland ist sein zweiter diplomatischer Coup seit dem Deal über den Abzug der C-Waffen aus Syrien gelungen. Allerdings ist der Vorgang Spiegelbild der gnadenlos realpolitischen Logik, die alle Konfliktparteien im Syrien-Krieg umtreibt.

Dhiraj Sabharwal
dsabharwal@tageblatt.lu

Denn was bedeutet Präsident Wladimir Putins Abzug aus Syrien eigentlich? Angetreten war Moskau, um den Terror zu bekämpfen. Bekanntlich sind die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und die Al-Nusra-Front zwar geschwächt – besiegt jedoch noch lange nicht. Demnach ging es Moskau vordergründig genau darum, was so viele vermuteten: die Gegner des Assad-Regimes so stark schwächen, um die für Russland so relevante Küstenregion nicht in die Hände der gemäßigten Opposition oder von Terroristen fallen zu lassen. Gleichzeitig zeigt Moskaus Rückzug zu diesem Zeitpunkt – die Opposition ist noch nicht vollständig besiegt –, dass Russland nicht um jeden Preis am Assad-Regime festhält, sondern lediglich seine militärisch-geostrategischen Eigeninteressen verteidigt und ernsthafte Verhandlungen ermöglichen will. All dies dürfte die Millionen Flüchtlinge und die Angehörigen der mittlerweile über 250.000 toten Syrer wenig trösten. Und dennoch: In den letzten fünf Jahren war der Zeitpunkt für eine politische Lösung nie günstiger als jetzt.