Es ist Januar 2020. In einem Beitrag zur Zukunft der Demokratie im Magazin forum schreibt der Sprecher der Grünen: „Eine der größten Herausforderungen für die Demokratie in Luxemburg und in ganz Europa stellt aktuell der generelle Vertrauensverlust in die Politik, die repräsentative Demokratie und in die Medien dar.“ Meris Sehovic schlägt sich selbst zum Ritter des Demos: Frauen und Ausländer:innen müssten stärker repräsentiert und das Doppelmandat abgeschafft werden. Denn die basisdemokratische Kultur mache einen wichtigen Teil der grünen DNA aus.
Tempi passati.
Als Meris Sehovic eines Morgens aus unruhigen Träumen erwacht, gibt er sich recht schnell mit wenig Stimmen zufrieden. Nach einer Wahlschlappe für die Grünen erhält die Koalition aus CSV-DP-„déi gréng“ gerade mal 45 Prozent der Stimmen. Nur 72 Prozent der abgegebenen Wahlzettel waren gültig. Rechnet man die Bürger:innen ohne luxemburgische Nationalität hinzu, die hätten wählen können, es aber nicht getan haben, dann liegt die absolute Wahlbeteiligung bei knapp 39 Prozent. Für Mischo, Knaff und Sehovic ist das weniger ein Demokratiedefizit als vielmehr ein Freifahrtschein. Der Stimmenvorsprung der LSAP ist zwar gering, im Vergleich zu 2017 erhielt sie jedoch knapp 16 Prozent mehr Zuspruch, also fast 8.000 Stimmen mehr. Für Mischo sind die zusätzlichen Wähler gar unbedeutend, sie sind „nichts“. Dadurch wird klar, dass die ganze Wahlkampagne der CSV eine Farce war. „Een Esch fir eis all“ – außer für dich, denn du bist nichts. Kontinuität, statt basisdemokratischer Kultur. Um ihr machtbesessenes Vorgehen zu rechtfertigen, greifen Mischo und Sehovic auf völlig absurde Argumente zurück. Die CSV habe mehr Listenstimmen, die Koalition sei nicht abgestraft worden, die Kontinuität müsse gewahrt werden. Tatsächlich wurde die Koalition abgestraft, sie hat einen Sitz verloren.
Von CSV-DP-„déi gréng“ ist jeweils nur eine Frau im Gemeinderat vertreten. Auch an dieser Konstellation ist Sehovic mitverantwortlich, wobei er 2020 ebendiese politisch unterrepräsentierten Frauen 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts kritisierte. Ob eine der Frauen wenigstens zur Schöffin gekürt wird? Im Oktober wollen Mischo und Sehovic bei den Nationalwahlen kandidieren, obwohl sie sich eben noch für Esch einsetzen wollten und obwohl Sehovic das Doppelmandat eigentlich abschaffen wollte.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können