Headlines

Die Prüfung

Die Prüfung

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In knapp zehn Tagen wird die Dreierkoalition uns sagen, wie das Land weiterleben soll. Bisher gab es wenig Handfestes in Sachen Haushalt 2015.

Dass die Mehrwertsteuer erhöht wird, überraschte wohl nur politische Naivlinge, war die Sache doch bereits bei der alten Mannschaft so gut wie beschlossen. In groben Zügen bekannt ist zudem eine neue Steuer. Was dem Frieden 2011 seine Krisensteuer von 0,3 Prozent war, soll für die Dreierkoalition die 0,5-Prozent-Abgabe für Kinderbetreuung sein.

Lucien Montebrusco lmontebrusco@tageblatt.lu

Das alles stelle nur einen Bruchteil dessen dar, was man beabsichtige, so Vizepremierminister Etienne Schneider, der geheimnisvoll von knapp hundert Maßnahmen sprach. Dazu dürften auch die Änderungen in der Budgetaufstellung zählen.

Die bisherige Haushaltsstruktur sei durchforstet, die Zahl der Budgetartikel drastisch reduziert worden, hieß es aus dem Finanzausschuss. Im Klartext: Kredite wurden zusammengestrichen. Ein Zeichen dafür, dass in der Vergangenheit die Mittel allzu großzügig eingetragen und entsprechend der bisherigen Logik budgetärer Politik auch ausgegeben wurden? Wer Budgetkürzungen für das Folgejahr vermeiden wollte, musste das Geld irgendwie ausgeben.

Ob dieses Streichmanöver und die angekündigten Steuererhöhungen den Erwartungen einer ungeduldigen und verunsicherten Öffentlichkeit entsprechen werden? Alles hängt wohl von der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen ab. Und von ihrer Einschnittstiefe.

Finanzielles Manna

Schon warnen gut informierte Kreise vor übertriebenem Aktivismus.

In den ersten sieben Monaten dieses Jahres haben sich die Staatseinnahmen erneut um über +400 Millionen Euro gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum verbessert, was einen Anstieg um über 5% darstellt, schrieb die CGFP in der rezenten Ausgabe ihrer Zeitung. „Die Staatseinnahmen bis Ende Juli haben sich binnen zwei Jahren um +16%, in sechs Jahren um +41%, in zehn Jahren um +86% verbessert.“

+16 Prozent! Ob dieses Mannas müssten im Regierungsviertel die Korken knallen. Doch Freudensprünge an der Place Clairefontaine werden keine gemeldet. Im Gegenteil. Das Land soll fit für die Zukunft gemacht werden, heißt es mit ernster Miene. In der Sprache des Freizeitsportlers: Raus aus der Couch, rein in die Laufschuhe. Und wer nicht will oder nicht kann? Jeder nach seinem Rhythmus, wäre die Antwort. Der vormalige Regierungschef hatte stets das Bild der breiten Schultern bemüht, die mehr als die schmalen tragen müssten. Dem Grundsatz müsste sich die Regierung verpflichtet fühlen und entsprechend handeln, und zwar sofort.

Noch hat die Dreierkoalition ihren Kredit nicht ganz ausgeschöpft, trotz anders lautender Kommentare auf Online-Foren. Wie sollte sie auch? Die großen Fragen, denen sie sich stellen muss, die stellten sich bereits der vorigen Regierung: instabiler Arbeitsmarkt, Milliarden-Haushaltsloch ab 2015, kränkelnde Gesundheitskasse, brüchiges gesellschaftliches Zusammenleben in Luxemburg, aussiebendes Schulsystem. Und da sollen die Drei in einem knappen Jahr gleich alles ins Lot bringen? Eine Herkules-Arbeit.

Dennoch darf man erwarten, dass der Haushaltsentwurf 2015 erste sozial gerechte Lösungsansätze andeuten wird. Das Budget 2015 könnte die erste große Prüfung dieser Regierungsmehrheit werden.

Es sei denn, man vertröstet das Land erneut auf die für 2017 anberaumte große Steuerreform, um zuvor noch undifferenziert abschöpfen zu können.

(Lucien Montebrusco)