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Die große Show

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Mit der NBA startet am Dienstag (28.10.14) die in unseren Breitengraden meistbeachtete nordamerikanische Profi-Sportliga in die neue Saison.

Dabei geht es bei der großen Basketballshow nicht ausschließlich um Sport, sondern auch und vor allem um Geld, wie in allen anderen US-Profiligen auch.

Philip Michel pmichel@tageblatt.lu

Ist ein Team aus welchen Gründen auch immer nicht mehr profitabel, dann kann es sein, dass es kurzerhand vom Besitzer in eine andere Stadt versetzt wird. Das sorgt meist nur bei den betroffenen Fans für Bestürzung, der Rest des Landes hat sich an die Mechanismen gewöhnt. Und dass die NBA ein Milliardengeschäft ist, versteckt in den USA niemand. Es gibt weder Auf- noch Abstieg, was den Vereinen (finanzielle) Planungssicherheit bietet. Auf der anderen Seite ist der sportliche Stellenwert einer Liga durchaus in Frage zu stellen, in der schlechte Leistungen keine sportlichen Konsequenzen haben und mitunter auch noch mit vorteilhaften Positionen auf dem nächsten Transfermarkt „belohnt“ werden. In Europa dagegen schwört man auf die Dramatik von Ab- bzw. Aufstiegskampf, der allerdings traditionelle Standorte bedroht. So gibt es zum Beispiel seit geraumer Zeit keinen Erstligafußball mehr in Nottingham, immerhin zweifacher Sieger des Europapokals der Landesmeister.

Rund um die besten Basketballer der Welt wird jedenfalls eine Riesenshow veranstaltet. „Good clean family entertainment“, das zeichnet den US-Sport aus. Er soll schöne Bilder liefern. Pöbeleien und Randale führen zu harten Strafen, denn sie bedrohen das Geschäftsmodell. So etwas will der Sponsor nicht sehen. Der „Nipplegate“ während des 38. Super Bowls, als Janet Jacksons Brustwarze in der Halbzeitshow für einen lächerlichen Skandal in Übersee sorgte, hat Spuren hinterlassen. Seitdem werden die Live-Übertragungen in Amerika um einige Sekunden versetzt, um Vorkommnisse solcher Art zensieren zu können.

Wollen wir in Europa auch einen Sport, in dem handelnde Personen und Publikum mehr oder weniger gleichgeschaltet sind, der immer nach der gleichen Schablone abläuft?

Antwort: Nein, wollen wir nicht. Das Problem: Wir haben ihn längst. Man braucht sich nur das Publikum in Englands Fußballstadien anzuschauen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Oder aber die diesjährige Weltmeisterschaft in Brasilien, die in Sachen Marketing neue Standards nach amerikanischem Muster setzte. Unzählige Fans feierten dort nicht das Spiel oder eine Mannschaft, sondern in erster Linie sich selbst.

Der echte Fan wird ersetzt durch den Event-Besucher, der einige Stunden lang unterhalten werden will und im Gegenzug viel Geld für Sitzplatz und Souvenirs bezahlt. Vielleicht ist dieses Szenario aber auch ein wenig zu schwarz gemalt. Europa ist schließlich nicht Amerika und bis ein Fußballspiel zwecks Werbung ähnlich oft unterbrochen wird wie eine American-Football-Partie, wird hoffentlich noch lange Zeit vergehen.

Auf der anderen Seite aber müssen sich die Amerikaner in Sachen Sport auch kein X für ein U vormachen lassen. Es geht im US-Profisport um Unterhaltung und ums Geldverdienen, das weiß und akzeptiert jeder. Dagegen behaupten in Europa Uli Hoeneß und Co. seit Jahren, es gehe ihnen einzig und allein um die Sache, also um den Sport. Was bei einem Umsatz von über einer halben Milliarde Euro pro Saison wohl nicht die ganze Wahrheit sein dürfte.