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Die «Geheim-Gespräche»

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"Ich vertraue den Iranern nicht, ich glaube nicht, dass wir sie involvieren sollten." Diese Worte stammen aus der Feder des Republikaners und Sprechers des US-Repräsentantenhauses John Boehner.

Sie wurden publik, nachdem am Freitag durchsickerte, dass Präsident Barack Obama zum vierten Mal einen Geheimbrief an den Obersten Rechtsgelehrten des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, geschickt hat.

Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu

In dem «geheimen» Brief soll es um die Kooperation zwischen Washington und Teheran im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehen.

In diesem Zusammenhang fallen besonders zwei Aspekte auf: Die Republikaner haben zum einen immer noch nicht aus der Geschichte ihrer außenpolitischen Beziehungen mit dem Iran gelernt. Zum anderen ist die mediale Darstellung, dass Geheimbriefe ohne Zutun der Beteiligten veröffentlicht werden, mehr als naiv.

Während die Defizite der Republikaner in Sachen Iran-Politik weitgehend bekannt sind – Stichwort: «Neocons» – , überrascht es doch immer wieder, wie schnell die «geheimen» Kontakte zwischen den USA und dem Iran vergessen werden. Washington führte beispielsweise seit 2012 regelmäßig «geheime» bilaterale Gespräche mit iranischen Politikern.So u.a. am Rande der Atomverhandlungen zwischen den fünf Veto-Mächten und Deutschland mit dem Iran.

Angesichts der seit 1979 unterkühlten diplomatischen Beziehungen war dies in der Außendarstellung eine kleine Sensation, ging aber im Nachrichtendickicht weitgehend unter. Für mit der Thematik Vertraute handelte es sich wiederum nicht wirklich um eine Überraschung.

Selbst nach den 9/11-Attentaten hatte es «geheime» Treffen zwischen den Amerikanern und den Iranern gegeben. Damals wie heute spielte der Kommandant der berüchtigten iranischen Al-Quds-Einheit, Qassem Suleimani, eine wichtige Rolle. Nach den Terroranschlägen von 2001 organisierte er Treffen zwischen amerikanischen und iranischen Diplomaten.

Damals einte die Erzfeinde der gemeinsame Kampf gegen die Taliban, heute könnte es die Zerstörung des IS sein. Allerdings laufen die USA Gefahr, den gleichen Fehler wie zu Beginn ihres Kampfes gegen den Terror zu begehen – sollten die Republikaner die Oberhand behalten.

Kooperation so oder so

Anfang 2002 hatte der damalige US-Präsident George W. Bush kurz auf die Zusammenarbeit mit dem Iran gesetzt. Es folgte der strategische Fehler, den Iran als Teil der «Achse des Bösen» zu bezeichnen. Der Rest ist Geschichte. Seit diesem historischen Fehler haben sich Washington und Teheran im Irak sowie in Afghanistan blutige Machtkämpfe geliefert und im Zusammenspiel mit anderen Staaten die gesamte Region destabilisiert.

Wer also ernsthaft daran glaubt, dass der Nahe Osten ohne eine Kooperation der USA und des Iran stabilisiert werden kann, irrt – oder hat kein Interesse daran. Das Gleiche gilt für den Pragmatismus beider Staaten: Solange Washington und Teheran gemeinsame Interessen verfolgen, werden sie kooperieren. Sei es auf offiziellem Weg, über «Geheimgespräche» oder über Kanäle, von denen tatsächlich niemand erfährt.