Sie fanden zwar mit einem Jahr Verspätung und ohne Zuschauer statt, dennoch waren die Olympischen Spiele das Sport-Highlight des Jahres. Aus Luxemburger Sicht wurde in Tokio ebenfalls Sportgeschichte geschrieben. Leichtathlet Charel Grethen schaffte es sensationell über die 1.500 m ins Finale. Obwohl Olympia aufgrund der Pandemie bei vielen nicht so hoch im Kurs stand als sonst, sorgte Grethen mit seiner fulminanten Leistung für Euphorie bei den luxemburgischen Sportfans. Insgesamt fiel die sportliche Bilanz der COSL-Athleten gemischt aus. Erfolge und Enttäuschungen gehören eben zu solchen Großevents. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Luxemburg trotz relativ kleiner Delegation mit großer Regelmäßigkeit das eine oder andere sehr gute Ergebnis erzielt. Und man hat nicht das Gefühl, als sei das Potenzial des Luxemburger Sport ausgereizt. Das lässt einen optimistisch stimmen.
Weniger Anlass zur Freude gibt die allgemeine Entwicklung dieser Großevents und deren Veranstalter. Eigentlich hat der Sport eine verbindende Kraft, doch Verbände wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) oder der Fußball-Weltverband FIFA scheinen sich immer weiter von der Basis zu entfernen. Das Festhalten an den Olympischen Sommerspielen in Tokio stand natürlich aufgrund der Pandemie stark in der Kritik. In Japan explodierten die Infektionszahlen im Sommer regelrecht und die Impfquote war sehr niedrig. Innerhalb der Olympia-Blase gab es keine größeren Ausbrüche, doch die Veranstalter ignorierten alles drumherum und wiesen jede Verantwortung für die hohen Infektionszahlen von sich. Dabei hat eine Mammutveranstaltung wie die Olympischen Spiele natürlich Auswirkungen auf die Gasgeberstadt und das Verhalten der Einwohner. Aber alles um die Olympia-Blase herum wird ausgeblendet.
Wenn sich der Sport immer weiter von der breiten Öffentlichkeit entfernt, werden Leistungen wie die von Charel Grethen in Tokio zur Nebensache
Ebenso sieht es jetzt vor den Winterspielen in Peking aus. Von Menschenrechtsverletzungen will das IOC nichts wissen. Sport solle nicht politisch missbraucht werden. Zumindest dann nicht, wenn es den Funktionären nicht in den Kram passt. Ob die Vergabe der Spiele nach Peking aber mit Olympischen Werten und den allgemeinen Werten des Sports vereinbar sind, kann bezweifelt werden. Olympia wird aber nicht das einzige umstrittene Sportevent 2022 sein, denn im kommenden Winter steht die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar an. Seit der Vergabe der WM an das Emirat sollen 15.000 Arbeitsmigranten ums Leben gekommen sein und die Arbeitsbedingungen immer noch an sklavenähnliche Zustände erinnern.
Die großen Sportverbände verspielen zusehends immer weiter ihre ohnehin geringe Glaubwürdigkeit. Irgendwann wird der Moment kommen, an dem die Grenze des Zumutbaren bei den Zuschauern und Fans erreicht ist. Wenn sich der Sport immer weiter von der breiten Öffentlichkeit entfernt, werden Leistungen wie die von Charel Grethen in Tokio zur Nebensache. Das darf nicht passieren und deshalb muss der Sport seine gesellschaftliche Verantwortung endlich ernst nehmen. Die Hoffnungen sind jetzt schon auf Paris 2024 gerichtet.
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