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Der richtige Ansatz

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Alle wollen sie bei den kommenden Europawahlen etwas an Europa ändern. Die einen wollen weniger, die anderen mehr, und wieder andere ein neues Europa.

Auch wenn die meisten immerhin eine Europäische Union wollen, fällt auf, dass die Kritik am aktuellen Zustand der Union überwiegt. Aber auch, dass diese Kritik nicht einheitlich ist. Hierfür gibt es mehrere Gründe.

An erster Stelle natürlich die Entwicklung der Union selber, die eine entscheidende Schnittstelle aufzeigt: die Osterweiterung. Nachdem sich die osteuropäischen Länder vom „Ostblock“ abgenabelt hatten, suchten sie in der Europäischen Union neue Entfaltungsmöglichkeiten. Mit einem entscheidenden Schwachpunkt. Während der europäische Motor unaufhaltsam weiterschritt in Richtung stets mehr Gemeinsamkeiten und teilweiser Delegierung der nationalen Souveränität nach Brüssel, war es eben diese nationale Souveränität, die die östlichen Staaten eben erst wiedererlangt hatten und auch nicht bereit waren, so schnell wieder aufzugeben. Das, was von vielen als neu aufkommende Nationalismen verunglimpft wird, wird in den betroffenen Ländern als Festigung der nationalen Einheit betrachtet. Einmischung von außen, sprich von der EU-Kommission, wird als Bevormundung betrachtet und abgelehnt. Und dann als Ablehnung der gesamten EU gedeutet.

Was nun wiederum mit einem anderen Phänomen zu tun haben dürfte: der mangelnden Kenntnis des anderen innerhalb einer Union. Nicht zufällig war dies bei dem Wahltreffen der UDI Luxembourg, „Le Citoyen au Centre“, letzte Woche in Luxemburg ein wichtiges Thema (nicht zu verwechseln mit einer UMP-Dissidentenliste). Allgemein kam man überein, dass eben diese Kenntnisse über die anderen Länder in der EU ein entscheidendes Element bei der Weiterentwicklung dieser ist, das bislang sträflich vernachlässigt wurde. Es wird in Zukunft wichtig sein, hieran zu arbeiten, immer im Sinne des „Geeintseins in der Vielfalt“, wie es die gestandene europäische Politikerin Colette Flesch auf dem Treffen ausdrückte.

Suche nach neuem Glück

Ein weiterer Grund für unterschiedliche Ansichten über die EU ist der Generationswechsel. Umso mehr, als dieser wie zuvor kein anderer von einer zugleich einsetzenden neuen Kommunikationswelt begleitet wurde. Doch auch moderne Informationsmittel vermögen Menschen, die nie an innereuropäischen Grenzen z.B. in Staus stehen mussten, nicht empfinden lassen, was der freie Personenverkehr in der EU, sprich das Schengen-Abkommen, den Bürgern gebracht hat. Wenn etwas Außergewöhnliches zum Normalen wird, verliert es an Symbolkraft. Das ist der Jugend Recht, Erasmus-Studienprogramme hin oder her. Dieses Gefühl des gemeinsames Bewegungsraums wurde ohnehin mehr als stark strapaziert beim Umgang mit der Finanzkrise. Die Europäische Union, im Rausche früherer wirtschaftlicher Erfolge, auf sozialer Ebene eh minimalistisch eingestellt, suchte ihr Heil in sogenannten „Sparpolitiken“, die in vielen Ländern immer noch sozialen Katastrophen gleichkommen. Extrem hohe Arbeitslosigkeitsraten, besonders bei jungen Menschen, das Abrutschen in das soziale Aus, der Verlust von Hab und Gut durch von internationalen und europäischen Finanzexperten verschuldete Umstände dämpfen nun einmal ganz sicher eine bestimmte Euphorie für hehre europäische Zielsetzungen. Die damit oft verbundene Suche nach neuem Glück und Halt in EU-Nachbarländern baut in diesen Sozialneid und Missgunst auf.

Es wäre interessant zu wissen, wie ein Referendum über die Einführung von einheitlichen Mindestlöhnen in den einzelnen Ländern ausgehen würde. Die Schweizer haben gestern das Einführen des höchsten Mindestlohns der Welt klar abgelehnt. Die Wirtschaft natürlich, aber auch die Regierung und die Konservativen waren dagegen. Es ging darum, einen Lohn zu zahlen, der den Lebenshaltungskosten inklusive hoher Mieten gerecht würde. Was auch der Luxemburger Mindestlohn nicht mehr schafft. Gäbe es jedoch einen solchen in den EU-Mitgliedstaaten, den jeweiligen Realitäten angepasst, könnten Le Pen und Konsorten mit Sozialneid und innereuropäischem Fremdenhass wohl kaum so viel Staat machen. Die Schweizer haben einem solchen Lohn eine Abfuhr erteilt. Dennoch, es ist der richtige Ansatz.

Serge Kennerknecht