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Der Opportunist

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Der britische Premierminister David Cameron lässt nicht locker: Nachdem er sich vor rund einem Jahr vor allem auf Bulgaren und Rumänen eingeschossen hatte, die zu Beginn dieses Jahres in den vollen Genuss der Arbeitnehmerfreizügigkeit kamen, hat er jetzt alle EU-Zuwanderer im Visier.

Vor einigen Wochen hielt er eine Rede, in der er sich für eine Einschränkung der Immigration von Menschen aus anderen EU-Staaten nach Großbritannien aussprach. Wohl sieht er davon ab, gleich die Einführung von Zuwanderungsquoten zu verlangen. Doch sollten EU-Ausländer in vielerlei Hinsicht in den ersten Jahren ihres Aufenthaltes auf der Insel ungleicher behandelt werden als die Briten selbst und Briten in anderen EU-Staaten.

Logo" class="infobox_img" />Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Der Grund dafür ist hinlänglich bekannt. Im kommenden Mai finden in Großbritannien Wahlen statt, aus denen vermutlich die EU-Gegner der britischen Unabhängigkeitspartei Ukip um ihren charismatischen Führer Nigel Farage als Sieger hervorgehen könnten.

Die Stimmen für Farage würden zum größten Teil auf Kosten der regierenden Konservativen zusammenkommen. Und das will David Cameron verhindern, indem er zumindest beim Thema Einwanderung, und damit indirekt auch Europapolitik, sich der populistischen und offenbar nachweislich falschen Argumente der Ukip bedient, nach denen EU-Einwanderer das britische Sozialsystem belasten würden. Vermutlich wird der Opportunist Cameron im Mai die gleiche Erfahrung machen wie andere in Europa vor ihm, nämlich dass die Wähler populistischer Parteien das Original bevorzugen.

Selbstverständlich wurde dem britischen Regierungschef bereits aus Brüssel und anderen EU-Staaten deutlich gemacht, dass es in Sachen Freizügigkeit keine Verhandlungen geben wird. Denn es geht hier um grundlegende Prinzipien des europäischen Integrationswerkes. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit war in den 1950ern immerhin mit ein Argument dafür, dass sich auch die Gewerkschaften in Europa, als die Vertreter der Arbeitnehmerschaft, für den gemeinsamen Wirtschaftsraum aussprachen.

Wenn aber der britische Premierminister darauf bestehen sollte, die Arbeitnehmerfreizügigkeit einzuschränken, dann müsste er auch damit einverstanden sein, die drei anderen Freizügigkeiten – für Waren, Dienstleistungen und Kapital – zu begrenzen. Zumindest für Letzteres dürfte man ebenso treffliche Gründe anführen können, wie er es vermeintlich in der Zuwanderungsdebatte tut. Denn im Zuge der LuxLeaks-Affäre stellte sich heraus, dass auch britische Unternehmen durch Kapitalverschiebungen dem Staat hunderte Millionen Euro an Steuergeldern vorenthielten. Einer, der gerne davon redet, wie viel die EU den britischen Steuerzahler koste, dürfte sich dieser Tatsache nicht verschließen. An eine Einschränkung nicht nur des Kapitalflusses wird David Cameron jedoch wohl nie denken. Und auch nicht die Ukip.

Doch etwas anderes sollte Cameron ebenfalls zu denken geben: Man kann nicht auf Biegen und Brechen einer EU-Erweiterung das Wort reden, ohne auch die Konsequenzen dafür tragen zu wollen. Wenn die Aufnahme weiterer Staaten in die Union gefordert wird, sollte dabei bedacht werden, ob das auch machbar ist.