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Der Kandidat

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Nun hat sie also einen Kandidaten, die deutsche SPD. Noch nicht die ganze SPD allerdings, aber immerhin, Parteichef Sigmar Gabriel und der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier haben einen Kandidaten. Der Rest der Partei kann Peer Steinbrück dann nachträglich noch abnicken, allen voran der Parteivorstand am Montagmorgen (01.10.12).

Die Art, wie die Kandidatur zustande kam, hat mit demokratischen Gepflogenheiten nichts zu tun. Drei Mann bestimmen, die anderen dürfen zustimmen. Erste Kritik kam denn auch sofort aus den Reihen der Parteilinken, die den neuen Kandidaten ohnehin misstrauisch beäugt. Peer Steinbrück gilt nicht als besonders sozial ausgerichtet. Dennoch wird auch das linke Parteispektrum nicht umhinkommen, den Kandidaten zu unterstützen. Und die unkonventionelle Kür hat den Vorteil, dass sie der Partei mühsame Kampfabstimmungen erspart. Das kann Einigkeit vortäuschen und demnach von Vorteil sein.

Logo" class="infobox_img" />Serge Kennerknecht skennerknecht@tageblatt.lu

Für Peer Steinbrück ist es eine Art Comeback. Geschätzter Finanzminister (2005-2009) unter Kanzlerin Angela Merkel, hatte er nach den verlorenen Wahlen im Jahr 2009 erklärt, er wolle nie wieder für ein Amt zur Verfügung stehen. Dass er es nun dennoch tut, wirft natürlich bereits einen ersten Schatten auf seine Kandidatur. Denn die Bürger werden sich später bei jeder Äußerung die Frage stellen, ob Peer Steinbrück nun wirklich meint, was er sagt, oder vielleicht doch nicht so ganz, auf jeden Fall vielleicht doch ganz anders gemeint hat. Einfach wird das sicher nicht. Dabei ist jeder, der ihn kennt, bereit, ihm Kompetenz in Finanz- und Wirtschaftsfragen zu bescheinigen.

Nicht aus eigener Kraft

Doch hie und da scheint er eben dieses Wissen und diese Kompetenz einfach mal in eine Ecke zu legen, um dann mit treffsicherem, tumbem Ungeschick so viel diplomatisches Porzellan zu zerschlagen wie nur möglich. Die Schweizer und auch die Luxemburger erinnern sich noch sehr gut an den Herrn, der mit Peitsche und Kavallerie in die Nachbarländer einrücken wollte, um das Problem „deutsches Steuergeld“ zu lösen. Aber vielleicht hat er das ja nicht so gemeint, der Peer Steinbrück. Wie gesagt, es ist schwer zu wissen, Sie wissen schon.

Der SPD-Kandidat wird es auf außenpolitischem Parkett auch nicht ganz leicht haben mit dem von ihm vertretenen Standpunkt, der Diebstahl von Dateien in anderen Ländern sei legitim, solange auf diesen Dateien die Namen deutscher Kunden drauf sind, die sich dem Steuerdruck in Deutschland entziehen wollen. Und der auch glaubt, es sei keine Hehlerei, wenn jemand geklaute Daten kauft. Aber wie gesagt, vielleicht ist das ja nicht so, oder doch ganz anders gemeint, Sie wissen schon. Peer Steinbrück wird in diesen Punkten auf jeden Fall einmal klar Stellung beziehen müssen. Spätestens dann, wenn er gewählt werden sollte. Europa wartet.

Innenpolitisch hat der noch nicht ganz abgenickte Kandidat zudem das Problem, dass er nicht nur noch nie eine Wahl gewonnen hat, sondern vor allen Dingen im Jahr 2005 eine Wahl in einem ganz entscheidenden Bundesland, Nordrhein-Westfalen, als Ministerpräsident verloren hat. Das trübt das Allgemeinbild und die Begeisterungsfähigkeit in der SPD dann doch ungemein. Denn dass ein eher rechter SPD-Mann den Konservativen Wähler abtrotzen könnte, um Defizite auf dem linken Ufer auszugleichen, wird zwar öfter angeführt, dürfte jedoch kaum eintreten. Warum die Kopie wählen, wenn das Original einen so nett von den Plakaten herunter anlächelt.

Da ist er also nun, Peer Steinbrück, ein Kandidat, der eigentlich nie wieder Kandidat werden wollte, ein Kandidat, der noch keine Wahl gewonnen hat, einer, der mit Diplomatie nicht unbedingt immer alles anfangen kann, und einer (36%), der in Umfragen zurzeit hoffnungslos hinter Kanzlerin Angela Merkel (53%) zurückliegt.

Hat er eine Chance? Ja, er hat sogar zwei, wenn auch wohl kaum aus eigener Kraft. Zuerst die Grünen. Sie wollen eine rot-grüne Koalition. Sagen sie jedenfalls. Beide gemeinsam, SPD und Grüne, liegen in den Umfragen allerdings wieder knapp hinter Schwarz-Gelb. Die Piraten machen den Grünen zu schaffen. Doch Gelb, also Merkels kleiner Koalitionspartner, die FDP, ist dabei, der SPD die zweite Chance auf dem silbernen Tablett zu servieren.

Denn die FDP ist dermaßen mit fast neiderregender, wollüstiger Begeisterung in den Prozess der Selbstzerfleischung verstrickt, dass ihre Chancen, die in Deutschland geltende Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden, immer mehr dahinschwinden. Dann würde der Kanzlerin der Koalitionspartner fehlen. Der Weg für Rot-Grün wäre frei. Peer Steinbrück wäre Kanzler.