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De séchere Wee…

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Wer derzeit versucht, einem im Ausland lebenden Nicht-Luxemburger die aktuelle politische Situation zu erklären, der wird wohl für einen Verrückten gehalten werden, der maßlos übertreibt.

Die sich überschlagenden Entwicklungen der letzten Monate – vom Abhörskandal und der Ermittler-Beeinflussung über den Luxemburger Geheimdienst, der komplett aus dem Ruder läuft und über den es sichtlich keine Kontrolle gab, bis zur CSV-Attacke auf die Pressefreiheit – sind in der Tat schlichtweg grotesk. Und auch die Chamber-Debatte vom vergangenen Donnerstag erwies sich als lamentables Spektakel, das als einziges Resultat hatte, dass das Ansehen der Politik stark gelitten hat.
Eines steht fest: Solche Zustände sind einer Demokratie und eines Rechtsstaats nicht würdig. Doch in der größten Partei dieses Landes scheint es die Regel zu sein, die eigenen Fehler nicht einzugestehen, und dass man einerseits die Macht hat und haben will, aber andererseits keine Verantwortung für seine Taten und Worte übernimmt. Der amtierende Finanzminister und ehemalige Justizminister Luc Frieden, von dem sich ein Generalstaatsanwalt und eine Untersuchungsrichterin bei ihren Ermittlungen im Bommeleeër-Dossier unter Druck gesetzt fühlten, sieht beispielsweise keinen Grund, zurückzutreten. Im Gegenteil, er sieht sich selbst in der Opferrolle und lamentiert, er fühle sich in seiner Ehre angegriffen.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

Die Macht, aber keine Verantwortung

Der ebenfalls in der Kritik stehende Premierminister und SREL-Chef Jean-Claude Juncker erklärte letzte Woche im Parlament vorab, in dem ungeheuerlichen Geheimdienstskandal „verantwortlich, aber nicht schuldig“ zu sein. Sich durch eine solche Erklärung selbst einen Persilschein auszustellen, ist allerdings zu einfach.
Das alles ist an sich bereits schlimm genug. Doch der Präsident der CSV bringt es tatsächlich fertig, noch einen draufzusetzen. Nicht nur hat Michel Wolter im Parlament im Namen der gesamten Fraktion den Quellenschutz über Bord werfen wollen, nicht nur hat er zuvor einem Journalisten des Radio 100,7 gedroht, gestern erdreistete er sich dann auch noch, die Presse zusammenzurufen, um zu erklären, er habe im Grunde keinen Fehler gemacht. Der CSV-Präsident meinte, er fühle sich falsch verstanden und unterstrich, er stehe zur Pressefreiheit. Gleichzeitig wurde gleich zu Beginn angekündigt, er gebe nur eine Erklärung ab, er werde sich aber nicht den anschließenden Fragen der Journalisten stellen …
Angesichts dieses Widerspruchs erübrigt sich eigentlich jeglicher Kommentar. Die gestrige Deklaration Wolters war jedenfalls nichts anderes als eine weitere Frechheit gegenüber der Presse.
Doch sollte nicht vergessen werden, dass Wolters Versuch, den Quellenschutz auszuhebeln, keine persönliche Stellungnahme war, sondern im Namen der CSV-Fraktion gemacht wurde. Was sagen also all jene, in deren Name der Quellenschutz mit Füßen getreten wurde? Bislang hat man keine Widerrede gehört. Doch wer sich in Schweigen hüllt, der gibt indirekt sein Einverständnis.
Die CSV rühmt sich mit dem Slogan „de séchere Wee“, sicher ist derzeit aber vor allem, dass der Staat Luxemburg sich in einem gewaltigen Schlamassel befindet und dass die ganzen Affären, durch die die CSV alles andere als gut dasteht, trotz der näher rückenden Sommerpause nicht ad acta gelegt sind. Denn bereits in Kürze wird der potenziell explosive Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission in Sachen SREL vorliegen …