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Couch statt Arbeit

Couch statt Arbeit
(Alain Rischard/editpress)

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Faulheit, Gelassenheit und Anti-Perfektionismus.

Am Strand liegen. Auf einer Parkbank sitzen. Mit Freunden essen. Ausschlafen. Ausgiebig duschen. Schöne Vorstellungen. Es sind rare Momente.

Yves Greis ygreis@tageblatt.lu

Dass diese Momente so selten sind, daran sind wir oft selber schuld. Wir machen freiwillig Überstunden. Wir haben unser Smartphone griffbereit. Wir lesen unsere E-Mails nachts vorm Schlafengehen und morgens sofort nach dem Aufwachen.

Und dann ist da noch unsere durchgeplante Freizeit. Die Zeit, die für uns bleibt, will straff organisiert sein. Keine Minute verlieren. Joggen gehen und unsere Leistung mittels Smartphone aufzeichnen. Dreimal die Woche ins Fitnessstudio gehen.

Leistung bringen. Das Leistungsprinzip ist eines der am stärksten verankerten Dogmen unserer Gesellschaft. Wer nichts leistet, dem steht auch nichts zu. Das ist ein anerkanntes Prinzip, das kaum hinterfragt wird. Also leisten wir. So mancher tut dies bis zur totalen Erschöpfung.

Das ist ungesund und das wissen wir. Trotzdem tun wir es. Wir haben es so gelernt. In der Schule. Im Sportverein. Im Fernsehen.

Um dem entgegenzuwirken, müssen wir umdenken. Wir sollten – wenigstens von Zeit zu Zeit – Faulheit zelebrieren und einfach gelassener sein. Wir sollten nicht versuchen, perfekt zu sein, und uns nicht ärgern, wenn wir nicht das bestmögliche Resultat erreichen. Wir sollten diese drei Dinge einfach einmal ausprobieren: Faulheit, Gelassenheit und Anti-Perfektionismus. Vielleicht geschieht ja gerade dann etwas Unerwartetes. Vielleicht stellt sich ja gerade dann der Erfolg ein.

Ist es wirklich so dermaßen abwegig, dass jemand, der ausgeschlafen ist, mehr leisten kann als jemand, der tags zuvor noch bis um Mitternacht gearbeitet hat und um sechs Uhr schon wieder im Büro ist? Eigentlich nicht. Ist es abwegig, dass ein Mitarbeiter, der von einer Reise zurückkommt, einen frischeren und klareren Kopf hat als jemand, der die letzten sechs Monate tagaus, tagein nur sein Schlafzimmer und sein Büro gesehen hat? Eigentlich auch nicht. Ist es abwegig, dass jemand, der keinen Druck hat, perfekt zu sein, sich mehr traut und innovativer ist? Eigentlich doch auch nicht.

Wem nutzt es, wenn wir wie Zombies morgens um sieben an unserem Schreibtisch sitzen, weil wir viel zu wenig geschlafen haben? Nicht dem Arbeitgeber und am allerwenigsten uns selbst.

Die Lösung, um schneller vorwärts zu kommen, ist wahrscheinlich, einfach einen Gang zurückzuschalten. Eine Tasse Tee trinken statt Automatenkaffee. Sich mittags Zeit nehmen und gemütlich mit Messer und Gabel von einem Teller essen, anstatt ein belegtes Brot von der Tanke herunterzuwürgen.

Ein guter Ratgeber in diesen Dingen ist der italienische Ökonom Vilfredo Federico Pareto, der bemerkte, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwands erreicht werden. Im Umkehrschluss heißt das, dass wir uns 80 Prozent der Zeit mit Dingen aufhalten, die kaum einen Einfluss auf unser Resultat haben. Wenn es uns gelingt, von diesen Dingen Abstand zu gewinnen, haben wir auch mehr Zeit für die schönen Seiten des Lebens.