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Brutstätte für den Terror

Brutstätte für den Terror

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Der Arabische Frühling hatte viele Hoffnungen geweckt: Endlich sollten Diktatoren und Despoten, die ihre Völker seit Jahrzehnten gegängelt hatten, vertrieben werden. Endlich sollte die Morgenröte von Freiheit und Demokratie anbrechen.

Doch wenn man sich anschaut, was sich derzeit in Syrien abspielt, möchte einen viel eher die schiere Verzweiflung beschleichen. Sowohl die Regierungskräfte als auch die Aufständischen scheinen bitter entschlossen, ihre Heimat schön methodisch zu Klump zu hauen und dabei möglichst viele Landsleute umzubringen.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Die Bevölkerung erleidet unermessliches Elend, denn für beide Seiten scheint der Begriff „Menschenrechte“ ein totales Fremdwort darzustellen. Lange Zeit war befürchtet worden, dass das Regime Chemiewaffen gegen das eigene Volk einsetzen würde, und in den vergangenen Wochen hat sich der dringende Verdacht der punktuellen Verwendung solcher Waffen durch die Assad-Soldateska erhärtet.

Doch wenn sich die rezenten Vorwürfe von Carla Del Ponte bestätigen sollten, schrecken auch die Rebellen nicht länger vor dem barbarischen Kriegsverbrechen, den der Einsatz von Giftgas darstellt, zurück.

Der Sieg der Finsternis

Syriens Opposition gibt aber auch aus einem weiteren Grund Anlass zur Sorge: Der syrische Bürgerkriegs-Schauplatz scheint sich zu einem Trainingslager erster Güte für europäische Nachwuchs-Mudschaheddin zu entwickeln. Dutzende junger Muslime aus Westeuropa wollen offenbar ihre praktische Dschihadisten-Ausbildung durch einen Fronteinsatz in einem echten Schießkrieg absolvieren.

In den Lagern der Fous d’Allah wird diesen jungen Wirrköpfen aber vermutlich nicht nur beigebracht, wie man einen Panzer der Assad-Truppen abschießt, sondern wohl auch, wie man eine Rucksackbombe für ein U-Bahn-Attentat baut und zum Einsatz bringt.

Im Unterschied zu Afghanistan ist Syrien für europäische Fanatiker sehr leicht zu erreichen: Die Flugverbindungen in die Türkei sind, dem Massen- und Gastarbeitertourismus sei Dank, exzellent und der Grenzübergang nach Syrien mithilfe örtlicher Glaubensgenossen stellt ebenfalls kein nennenswertes Problem mehr dar, seit die Regierungstruppen die Kontrolle über diese Region verloren haben.

Syrien droht also zu einer Brutstätte für europäische Terroristen zu werden.

Es fällt einem auch deswegen zunehmend schwer, den syrischen Bürgerkrieg als einen Befreiungskrieg anzusehen. Die Gefahr, dass ein Alawiten-Despot durch eine Obskurantisten-Diktatur ersetzt wird, wächst mit jedem Tag.

Nein, unter einem „Frühling“ stellt man sich was anderes vor: den Sieg des Lichtes über die Finsternis etwa. Doch über Syrien scheint derzeit die Sonne unterzugehen. Und zwar für die nächsten Jahrzehnte.