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Kopf des TagesBoxer, TV-Star, Politiker: Jair Lapid bringt Netanjahu bei Israel-Wahl in Bedrängnis

Kopf des Tages / Boxer, TV-Star, Politiker: Jair Lapid bringt Netanjahu bei Israel-Wahl in Bedrängnis
 Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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Jair Lapid ist Netanjahus wichtigster Widersacher bei Israel-Wahl

Das Pathos scheut Israels Oppositionsführer Jair Lapid nicht. Die Parlamentswahl an diesem Dienstag sei „der Moment der Wahrheit“ für Israel, erklärte der 57-Jährige bei der Stimmabgabe in Tel Aviv. Das Land stehe vor der Entscheidung, für eine starke Zukunft zu stimmen oder aber für eine „Regierung der Finsternis, des Rassismus und der Homophobie“.

Die Äußerung war die jüngste Verbalattacke des einstigen Fernsehjournalisten Lapid auf Regierungschef Benjamin Netanjahu, der Umfragen zufolge auf die Unterstützung der extremistischen Partei „Religiöser Zionismus“ angewiesen sein könnte, um nach zwölf Jahren im Amt weiterregieren zu können. Gleichzeitig handelte es sich um ein Wortspiel: Lapids liberale Partei heißt „Jesch Atid“ – es gibt eine Zukunft. Gemeint ist vor allem: Eine Zukunft für Israel ohne Benjamin Netanjahu.

1963 in Tel Aviv geboren, ist Lapid weiten Teilen der israelischen Bevölkerung noch als Nachrichtenmoderator des privaten zweiten Fernsehens sowie als Autor zahlreicher Thriller, Kinder- und Sachbücher bekannt. Bevor er in der Politik Karriere machte, wurde Lapid, der auch Hobby-Boxer und Kampfkunst-Sportler ist, zum attraktivsten Mann Israels gewählt.

Als Lapid seine Partei im Jahr 2012 gründete, wurde er von vielen belächelt: Wieder ein Fall eines Medien-Stars, der hoffte, seine Prominenz in politischen Erfolg umzumünzen, urteilten Kritiker. Doch Lapid, der mit seinem Wechsel aus dem Journalismus in die Politik in die Fußstapfen seines Vaters, des früheren Justizministers Josef „Tommy“ Lapid, trat, belehrte sie eines Besseren: Bei der Wahl von 2013 gelang Jesch Atid ein Überraschungserfolg; mit 19 Mandaten zog sie in die Knesset ein, Lapid wurde kurzzeitig Finanzminister.

Mit Netanjahu liegt Lapid seit langem über Kreuz. 2019 schloss Jesch Atid sich dem vom Ex-Armeechef Benny Gantz geführten Mitte-links-Bündnis Blau-Weiß an. Als Gantz vor einem Jahr nach der dritten Parlamentswahl innerhalb eines Jahres und unter dem Eindruck der Corona-Pandemie sein zentrales Wahlversprechen brach und eine Einheitsregierung mit Netanjahu einging, stieg Lapid aus dem Blau-Weiß-Bündnis aus.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP im September sagte Lapid, er habe Gantz vor einer Zusammenarbeit mit Netanjahu gewarnt. „Ich habe mit Netanjahu zusammengearbeitet“, habe er ihm gesagt. „Warum hörst du nicht auf die Stimme der Erfahrung? Er ist 71 Jahre alt. Er wird sich nicht ändern.“

Als Oppositionsführer in der Knesset, dem israelischen Parlament, sagte Lapid Wochen im Voraus das Ende der brüchigen Koalition zwischen Netanjahu und Gantz im Dezember voraus. Anders als Gantz, dessen Bündnis diesmal um einen Einzug ins Parlament bangen muss, ist Lapid in der Wählergunst gestiegen. Seine Weigerung, sich einer Regierung unter Netanjahus Führung anzuschließen, interpretierten viele Wähler als Zeichen seiner Standhaftigkeit. Umfragen sagten Jesch Atid zuletzt bis zu 20 der 120 Parlamentssitze voraus.

Doch selbst wenn Jesch Atid wie von den Demoskopen prognostiziert als zweitstärkste Kraft nach Netanjahus Likud aus der Parlamentswahl hervorgehen sollte: Ob Lapid ein breites Anti-Netanjahu-Bündnis hinter sich versammeln kann, ist mehr als ungewiss. Um die Schwelle von 61 Mandaten in der Knesset zu überwinden, wäre Lapids säkulare Jesch Atid auf die Unterstützung arabisch-israelischer und linker Parteien, aber auch des ultrarechten Ex-Verteidigungsministers Naftali Bennett und seiner rechtsreligiösen Jamina-Partei angewiesen. (AFP)