Schließlich gehen mit ihr auch einige Risiken einher, die der Staatsbeamte, der Handwerker oder der Unternehmer nicht haben.
Janina Strötgen jstroetgen@tageblatt.lu
Das Genie, das vierjährig beim Weihnachtskonzert im Kindergarten entdeckt und von da an kontinuierlich gefördert wird, um dann mit 16 seine ersten Millionen einzufahren, ist absolute Ausnahme. Um überhaupt die Chance zu bekommen, professioneller Musiker zu sein, das heißt, zumindest einigermaßen von seiner Musik leben zu können, muss man Mut haben und meist nicht nur Zeit und Energie, sondern auch Geld investieren. Vor dem Erfolg und mit dem Risiko, ihn niemals zu bekommen. Da ist es doch meist bequemer, die Musik am Wochenende beim Familienfest zu lassen.
Jene, die nun die Entscheidung getroffen haben, ernsthaft eine Karriere als Musiker anzustreben, verdienen deshalb Unterstützung. Sie brauchen sie auch von staatlicher Seite. Besonders auch in einem kleinen Land wie Luxemburg, das für eine Karriere als Musiker Vorteile, aber auch schwerwiegende Nachteile bereithält.
Sicher: Hat man es einmal geschafft, beim Atelier auf der Booking-Liste zu stehen, beim Rock-A-Field aufzutreten oder gar als Vorband im großen Saal der Rockhal vor Hunderten von Musikfans zu spielen, dann ist man schnell bekannt. In einem kleinen Land wie Luxemburg. Man wird im Supermarkt erkannt, zu Talkshows eingeladen, hat seine Fangemeinde. Von dieser nationalen Popularität kann aber kein Musiker leben. Dazu ist der potenzielle Markt in Luxemburg viel zu klein. Und so ist jeder professionelle Musiker gezwungen, die Grenzen des Großherzogtums zu durchbrechen. Zumal die Musikindustrie – Musikmanagement, Plattenlabels, Booking-Agenturen … – in Luxemburg quasi inexistent ist. Die nationale Wirtschaft sieht in dieser Branche wohl bisher keinen rentablen Grund, zu investieren …
Exportbüro Music:LX
Und so unterschrieben im letzten Jahr Luxemburger Musiker Verträge mit vor allem französischen und deutschen, aber zum Beispiel auch japanischen Labels und Booking-Agenturen. Im nächsten Jahr werden weitere hinzukommen. Auch dank des nun seit einem guten Jahr arbeitenden Exportbüros Music:LX unter der Leitung von Patrice Hourbette, das bei seiner Pressekonferenz am Dienstag die Nützlichkeit seiner Funktion als Koordinator, Berater und Unterstützer mit eindrucksvollen Zahlen unter Beweis stellen konnte. Knapp 400.000 Euro sichern zu einem großen Teil das Kulturministerium und zu einem kleineren die Sacem dem Exportbüro deshalb auch für das nächste Jahr zu. Das Exportbüro hat sich in kürzester Zeit als ein wichtiges staatliches Instrument zur Unterstützung professioneller Musiker etabliert. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Phrasen wie „Unsere Musiker sind unsere Visitenkarte im Ausland“ oder „Sie positionieren Luxemburg auch auf der musikalischen Landkarte Europas“ sind leere, an Ziel und Zweck von Kunst vorbeischießende Politikerfloskeln. Denn Kunst dient niemandem, schon gar nicht dem Staat, der sie unterstützt. Kunst kann nur außerhalb von nationalen Interessen existieren, Musik hat keine Nationalität. Und ein Musiker wird nicht gehört, weil er Luxemburger ist, sondern weil er gut ist. Luc Feit und André Jung sind in Deutschland auch nicht als Luxemburger, sondern als gute Schauspieler bekannt.
Kunst lässt sich nicht herstellen, weder durch Geld noch durch bereitgestellte Strukturen oder Beziehungen. Sie entsteht immer aus sich selbst heraus. Sie ist per definitionem autopoietisch, sie produziert sich selbst. Darin besteht ihre Besonderheit, ihr Gegengewicht und ihre Notwendigkeit für eine funktionierende Gesellschaft. Ein Staat unterstützt seine Künstler, weil er dies erkannt hat. Will er schnellen Profit, internationale Sichtbarkeit und Arbeitsplätze schaffen, dann sollte er die Musik auch als Wirtschaftszweig aufbauen. Beruf: Musikmanager, Mitarbeiter einer Booking-Agentur, Label-Inhaber …
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