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Belastbare Dynamik

Belastbare Dynamik
(AFP/Archiv)

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Totgesagte leben bekanntlich länger. So dürfte bereits jetzt die Selbstdiagnose zum Zustand des globalen Kapitalismus lauten, der ab Mittwoch wieder ausführlich während des 41. alljährlichen Treffens des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos diskutiert werden wird.

Nun ist es nicht mehr so, dass die Eliten dieser Welt aus Wirtschaft und Politik zumindest thematisch nicht erkannt hätten, dass etwas seit Jahren gehörig aus dem Ruder gelaufen ist. Nur die wenigsten Teilnehmer der Veranstaltung in den schweizerischen Alpen dürften sich allerdings für die These begeistern, dass der zügellose globale Kapitalismus an einer unheilbaren Krankheit leidet.

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Wie sollten sie auch? Das Wirtschaftswachstum der meisten Länder schwächelt zwar oder ist mancherorts im freien Fall, im Allgemeinen aber sprudeln die Gewinne der globalen Konzerne und die Bezahlung der Entscheider erreichen weiter Höchststände.

Man macht sich jedoch Sorgen. So werden die Davosianer natürlich nicht um die für sie leidige Diskussion über die sich weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich herumkommen. Man darf sich allerdings die Frage stellen, unter welchem Aspekt sich die Herren des Geldes diesem Problem annähern wollen. Relativ wenig hatten dieselben Personen bislang nämlich mit der sozialen Gerechtigkeit am Hut.
Dabei gäbe es gute ökonomische Gründe – und nicht nur solche aus der Schublade des Selbsterhaltungstriebs der Geldeliten –, gerade bei der Umverteilung des Erwirtschafteten wieder eine andere Richtung einzuschlagen.

Besonders die Tatsache, dass die globalen Unternehmen auf unvorstellbaren Geldsummen sitzen und die Konsumenten dieser Welt aus Mangel an Barem – besonders im Westen – nicht konsumieren wollen, müsste eigentlich zu einem einfachen logischen Schluss führen: Gebt den Menschen eine Gehaltserhöhung.

Ulkig klingt demnach das von WEF-Chef Klaus Schwab ausgegebene diesjährige Motto des Treffens «resilient dynamism» (etwa belastbare Dynamik). Belastbar scheinen nämlich immer nur dieselben zu sein (dreimal darf man raten, wer) und Dynamik will aufgrund des Hortens riesiger Geldsummen nicht recht aufkommen.

Es kann natürlich auch gut sein, dass man auf das nächste große Wirtschaftswunder wartet. Und siehe da, am Horizont scheint sich tatsächlich ein solches abzuzeichnen, das wieder einmal das Potenzial hat, die ökonomischen und geopolitischen neuen Realitäten des 21. Jahrhunderts auf den Kopf zu stellen. Die Rede ist hier von der sich anbahnenden neuen Gas- und Ölbonanza in den USA und in einzelnen anderen Ländern dieser Welt.

Radikal umdenken, aber wie?

Gerade hatte man sich mit den aufstrebenden Nationen an neue wirtschaftliche Realitäten „gewöhnt“, schon müssen wir in den nächsten Jahren wieder radikal umdenken lernen.
Das Geschäft mit dem Schiefer- und Ölgas wird wohl im Westen Millionen neuer Jobs direkt und zusätzliche indirekt schaffen. Die Kommentatoren werden diesen Um- und Aufschwung als den Beweis dafür feiern, dass der zügellose Kapitalismus doch der richtige Weg ist. Bleiben wird aber die uralte und bis heute aktuelle Gerechtigkeitsfrage, als das bestimmende Element, um den Kapitalismus zu heilen.

Fraglich bleibt nur, ob die «Ärzte» im Kurort Davos bereit sind, diese Medizin zu verteilen.