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Aufstieg der Extremisten

Aufstieg der Extremisten
(AFP)

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Die Aufmerksamkeit hatten die beiden dieser Tage auf ihrer Seite: Marine Le Pen und Geert Wilders trafen sich gestern in Den Haag, um eine Zusammenarbeit im Europäischen Parlament nach den Europa-Wahlen im kommenden Jahr zu vereinbaren.

Zwar verfügen der Front national und die Partei der Freiheit (PVV) in der europäischen Volksvertretung bereits über drei respektive vier Sitze. Doch wird in letzten Umfragen den französischen Rechtsextremen für die Wahlen zum EP ein Anteil von 24 Prozent der Wählerstimmen vorausgesagt, womit sie ein Viertel der Frankreich zustehenden 74 Sitze ergattern könnten. Sollten sie, wie allseits befürchtet wird, auch in anderen Ländern, wie eben in den Niederlanden die PVV oder in Österreich die FPÖ, in Belgien der Vlaams Belang, an Stimmen und Sitzen hinzugewinnen, könnten die Extremisten in Fraktionsstärke auftreten.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Das wäre allerdings kein Novum. In den beiden Legislaturperioden von 1984 bis 1994 gab es bereits eine Fraktion der Rechtsextremen. Der letzte Versuch, eine eigene politische Gruppierung im EP zu bilden und damit in den Genuss vor allem auch zusätzlicher finanzieller Mittel zu gelangen, währte nicht lange: Gerade mal elf Monate konnte sich im Jahre 2007 das von den Le Pens (Vater und Tochter) zusammengeschmiedete Bündnis halten. Dann beschimpfte die Enkelin des Faschisten Benito Mussolini, Alessandra Mussolini, die Rumänen im Verein, und die Fraktion war Geschichte. Auf Luxemburgisch würde man sagen: Pak verdréit sech, Pak zerschléit sech.

Bedenkliches Phänomen

Darin liegt denn auch der Kern, warum sich die Vertreter extremer Parteien im EP schwertaten und vermutlich und hoffentlich auch weiterhin schwertun werden, sich in einer Fraktion zu einigen. Dem Islamophoben könnte der Antisemitismus des anderen zuwider sein und umgekehrt, Rassisten werden von jenen gemieden, denen es mehr um die Verteidigung wirtschaftspolitischer „Wahrheiten“ geht wie dem Ausstieg aus dem Euro, andere sind wegen ihres martialischen Auftretens oder wegen ihrer offenen faschistischen Gesinnung nicht salon- und damit nicht bündnisfähig.

Das bedeutet, dass trotz der zunehmenden Zahl an populistischen bis hin zu extremistischen Gruppierungen in den EU-Staaten, die vermutlich nach dem 25. Mai 2014 auch Vertreter ins EP werden schicken können, diese
dort aber möglicherweise, und hoffentlich, nicht derart zum Zuge werden kommen können, wie sie es sich wünschen.

Bedenklich bleibt das sich anbahnende Phänomen aber allemal. Denn diese Gruppierungen stellen den Menschen keine Perspektiven auf Verbesserung ihrer Lage in Aussicht. Stattdessen verbreiten sie Feindbilder, propagieren Abgrenzung und Ausgrenzung. Sie wollen nicht die Zukunft gestalten, sondern zurück zu alten Denkschemen aus der Vergangenheit. Populisten und Extremisten bringen die Europäer nicht weiter, sie hemmen die Entwicklung der Union, da sie, wie der Chef der britischen UKIP, Nigel Farage, und seine Fraktion oder eben die Le Pens und all die anderen Souveränisten, Nationalisten und EU-Gegner, nichts dafür tun, wozu sie ins Europäische Parlament gewählt wurden. Jede Stimme für sie ist eigentlich eine verlorene Stimme.

Komisch und widersprüchlich zugleich ist es doch, dass Geert Wilders und Marine Le Pen auf der Partei-Ebene doch gerade das praktizieren wollen, was sie auf der Ebene der Staaten partout verhindern wollen, nämlich eine möglichst weitgehende Zusammenarbeit im Interesse und zum Wohle aller.