Der Handel in Luxemburg sei weiterhin attraktiv, hieß es in einer Erklärung, die man zusammen mit der Handelskonföderation herausbrachte. Es hatte jedoch etwas Panikartiges an sich.
Natürlich ist mit dem Ende der Ferien zumindest der Vorwahlkampf ausgebrochen – es herrschen also eigene Gesetze in diesen Zeiten – und natürlich galt es, durch die Firmenpleite der besagten zwei „Geschäftsmänner“ aus Thionville ein PR-Desaster größeren Ausmaßes abzuwenden. Letzteres nicht unbedingt etwa in Bezug auf die heimische Klientel, sondern eher in Richtung (internationale) Immobilienmakler und globale (Luxus-)Kleidermarken. Denn für den Durchschnitts-Luxemburger dürfte das, was man allgemein unter Attraktivität des Handels in diesem Lande versteht, nichts, aber auch rein gar nichts mit dem guten oder schlechten Funktionieren dieser Geschäfte zu tun haben. Allenfalls ging man in den letzten Jahren staunend an diesen Läden und ihren Nachbarn vorbei. Gekauft hat man dort in den wenigsten Fällen.
Die Hybris, die sich in der Grouss- und Philippsgaass in Form einer Dichte an Luxusgeschäften zusammengebraut hat – auch wenn es sicherlich einen kleinen Markt für solche Läden in unserem Land geben mag – erinnert „toute proportion gardée“ entfernt an Dubai. Mit viel Geld wurde eine substanzlose Scheinwelt aufgebaut, die nicht für die Allgemeinheit, geschweige denn ihr Wohl gedacht war, um am Ende wie ein Kartenhaus zusammenzufallen. Vielleicht ist ja ein Bling-Bling-Stadtzentrum im Interesse eines Finanzplatzes, der sich vom belgischen Zahnarzt verabschieden muss und sich im globalen Bieterstreit um die Ultra-Reichen befindet?
Ein Sektor im Umbruch
Der Bürger jedoch hat eigentlich wenig davon – und das ist befremdlich –, denn er wird de facto ausgeschlossen. Obwohl man seit Jahrzehnten die fehlende Bevölkerung dieser Stadtteile und das Ghost-Town-Gefühl nach Ladenschluss beweint, muss man eingestehen, dass der Durchschnitts-Luxemburger in den letzten Jahren auch während der Öffnungszeiten eigentlich nicht mehr so richtig gelitten war – zum Nachteil übrigens der alteingesessenen Geschäftsleute. Eine Stadt gehört anscheinend ihren Menschen. Davon kann hier nicht mehr die Rede sein. Lichtblicke gibt es dennoch. Noch vor einem Jahr ermittelte die CLC durch eine Umfrage, dass zumindest das Image Luxemburgs – dank der Werbekampagnen – nicht mehr dem von Trier und Metz als Handelszentrum hinterherhinkt. Kunden gibt es nach wie vor, auch wenn sie in die Nebenstraßen ausgewichen sind; und attraktiv bleibt für viele immer noch der Wochenmarkt. Und um nicht falsch verstanden zu werden, an den Adressen, wo Geschäfte jetzt tatsächlich schließen müssen, werden bald wieder neue Betreiber einziehen.
Doch was zusätzlich für den Einzelhandel tun? Sollen die Besitzer wirklich eine Art soziale Verantwortung gegenüber der urbanen Entwicklung an den Tag legen – mal davon ausgegangen, sie würden dies nicht tun – statt einer simplen Logik der Gewinnmaximierung zu folgen? Man konnte etwa in den letzten Tagen hie und da in den Foren der sozialen Medien lesen, dass z.B. ein Vermieter doch bitte bei Buch-, Lebensmittelläden und ähnlichen auch sozial und urbanistisch nützlichen Geschäften weniger Miete fordern möge.
Die Idee mag gut gemeint sein, das Problem dabei ist jedoch, dass sich der Geschäftssektor des Einzelhandels in einem radikalen Umbruch befindet. Daran mögen die Mietpreise teilweise schuld sein, oder das Spekulieren mit Mietverträgen. Doch an erster Stelle trifft die Schuld eher das Verhalten der Konsumenten – das Internet lässt grüßen.
Allein ein beschwichtigendes Kommuniqué des Mittelstandsministeriums und ein Bekenntnis zur Reform des Mietrechts reichen nicht, um sich der Problematik des Einzelhandels in seiner gesamten Breite zu stellen.
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