Headlines

Armut trotz Arbeit

Armut trotz Arbeit
(dpa/Symbolbild)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die sozialen Folgen der Krise für die Bevölkerungen in Europa sind verheerend. Das geht aus dem EU-Jahresbericht 2013 über Beschäftigung und soziale Entwicklungen hervor.

Die Feststellung, dass sich die soziale Misere in Europa immer weiter ausbreitet, ist eigentlich keine neue Erkenntnis, sondern eine Binsenweisheit. Dennoch ist der Detail des Berichts von großem Interesse. Die Zahlen sind regelrecht erschreckend und zeigen, welch große Verantwortung auf den Schultern der Politik lastet.

mcloos@tageblatt.lu

Mittlerweile ist jeder vierte Europäer von Armut oder Ausgrenzung bedroht. Eines der großen Probleme ist natürlich die Arbeitslosigkeit und die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die in der EU weiterhin dramatische Ausmaße annehmen, wodurch die Betroffenen mit einer steigenden Perspektivlosigkeit konfrontiert werden. Doch auch eine Arbeitsstelle bedeutet mittlerweile nicht notgedrungen einen ordentlichen Lebensstandard und folglich einen Ausweg aus der Misere.

Die Polarisierung der Löhne setzt sich nämlich immer weiter fort. Die steigende Kluft zwischen Arm und Reich lässt sich übrigens nicht nur in Europa beobachten, sondern stellt eine weltweite Tendenz dar. So erklärte Oxfam erst diese Woche, dass die 85 (!) reichsten Menschen der Welt so viel besitzen wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.

Die Rolle der Politik

Der EU-Bericht zeigt jedenfalls unmissverständlich, dass die Erwerbsarmut steigt. Denn die Menschen, die einen Job finden können, haben in der Hälfte der Fälle trotzdem nicht genügend Geld zur Verfügung, um nicht mehr von Armut bedroht zu sein. Man sollte annehmen, in einer modernen Gesellschaft müsste das tragische Phänomen der „working poor“ der Vergangenheit angehören, doch leider ist es heute in Europa bittere Realität.
Schuld daran sind laut Bericht Teilzeitstellen und schlecht bezahlte Minijobs. Diese traurige Realität zeigt auch, dass die Politik eine erhebliche Verantwortung trägt, um die notwendigen Rahmenvoraussetzungen für gute Arbeitsbedingungen zu schaffen und für gute Arbeitsverträge zu sorgen. Neben der unentbehrlichen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit müssen die Politiker auch das Problem der Prekarität ernsthaft untersuchen und bekämpfen.

Bislang befindet sich die Europäische Union mit ihrer destruktiven Austeritätspolitik und den von ihr gepriesenen „Reformen“ (bei denen es sich in Wirklichkeit um einen Abbau sozialer Errungenschaften handelt) allerdings auf dem Holzweg. Beschäftigungs- und Sozialkommissar Laszlo Andor gelang es bei der Berichtvorstellung nämlich aus gutem Grund nicht, die Rolle der sogenannten Troika (Kommission-EZB-IWF) schönzureden. Denn den krisengeschüttelten Programmländern in Südeuropa wurde bislang ein als Medizin getarntes Gift verabreicht, das zu weiterem Stellenabbau und zur Senkung der Löhne führt, das die soziale Krise also nur noch weiter verschärft. Diese sozialen Verschlechterungen haben in erster Linie Auswirkungen auf die Bevölkerung des betroffenen Landes, sie haben jedoch ebenfalls Konsequenzen für die anderen europäischen Länder, weil dadurch auch indirekt Druck auf die Löhne in den übrigen EU-Staaten ausgeübt wird.