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Anleitung zum Landraub

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Interessieren Sie sich für Rohstoffe? Haben Sie das nötige Kapital, um die Ausbeutung heiß begehrter Bodenschätze zu tragen, aber nicht das nötige Kleingeld oder ganz einfach kein Interesse daran, die Exploration zu finanzieren? Keine Sorge. Die Weltbank hilft Ihnen.

Sie will mit Hilfe eines Fonds den Bergbau in Afrika vorantreiben: Die vollständige geologische Kartierung des Kontinents soll Großunternehmern die Investitionsängste nehmen. In den nächsten fünf Jahren könnten Afrikas Ressourcen mittels satelliten- und luftfahrtgestützter wissenschaftlicher Methoden erkundet werden.

Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu

Bis Juli 2014 will die Weltbank in Zusammenarbeit mit Privatinvestoren einen Fonds von einer Milliarde Dollar ins Leben rufen. Die Washingtoner Institution steuert 200 Millionen Dollar bei. Ein ähnliches Projekt hatte die EU-Kommission bereits zusammen mit der Kommission der Afrikanischen Union ins Leben gerufen. Resultat war der „Soil Atlas of Africa“. Was wünscht man sich als Investor mehr? Die Herausgeber der Bodenatlanten kümmern sich um die lästige Vorarbeit. Die hohen Erkundungskosten werden von der Weltbank mitgetragen. Das Fehlinvestitions-Risiko sinkt erheblich. Man muss nur noch sein Kapital platzieren. Wenden wir den Blick auf die Gegenseite.

Neokoloniale Unternehmenspolitik

Die Weltbank behauptet, nicht nur Unternehmer profitierten von diesem Projekt. Nationale Regierungen könnten aufgrund der neuen Erkenntnisse ihre Verhandlungsstrategien gegenüber Bergbauunternehmen verfeinern sowie ihre Zins- und Infrastrukturpolitik anpassen. Noch utopischer: Die Gesetzestexte zum Bergbau würden aufgrund der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse besser adaptierbar. Wem will die Weltbank hier eigentlich etwas vormachen? Die Böden Afrikas sind seit Jahren im Fokus von internationalen Großkonzernen. Landflächen werden gepachtet, gekauft oder geraubt. Die Investoren folgen rein marktwirtschaftlichen Eigeninteressen. Die natürlichen Ressourcen Afrikas werden ausgebeutet, die Umwelt zerstört und die einheimische Bevölkerung oft noch ärmer als zuvor zurückgelassen. Die angekündigte großflächige Kartierung ist demnach die Gebrauchsanweisung zur Ausbeutung eines ohnehin leidenden Kontinents. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Versprechen der Investoren, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Gewinne aus den Devisenerträgen zu generieren, oft gebrochen wurden. Niemand versucht, mit der detaillierten Exploration Afrikas die Lebensmittelknappheit und die soziale Ausbeutung zu korrigieren. Im Gegenteil: Die nationalen Interessen der afrikanischen Staaten kollidieren bereits mit den regionalen Anliegen. Man enteignet die Menschen vor Ort, indem man ohne Absprache über die künftige Verwendung ihres Landes entscheidet. Eine kritische Masse an Investoren will die Kleinbauern nicht autark produzieren lassen.

Die afrikanischen Bürger sind für sie lästige Hindernisse auf dem Weg zum großen Rohstoffglück. Wenn die Weltbank also verspricht, allen beteiligten Akteuren helfen zu wollen, ist dies eine Verkennung jeglicher Realitäten. Investoren hielten sich bislang zurück, Rohstoffe in kartografisch schlecht erkundeten Gebieten abzubauen. Die Atlanten zu Afrikas Bodenschätzen motivieren aber genau diese zögernden Unternehmer: Sie befeuern ihre neokoloniale Unternehmenspolitik. Dabei ist bekannt, wie viel Leid und Gewalt die Rohstoffausbeutung verursacht hat. Die blutrünstigen Kämpfe und das politische Chaos im Ostkongo sind das prominenteste Beispiel dieser fehlgeleiteten Strategie. So gut gemeint die Rohstoffkarten auch sein mögen: Am Ende wird nur den internationalen Kapitalflüssen der Weg geebnet.