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Anders denken

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In den letzten Wochen verabschiedeten die einzelnen Gemeinden ihren Haushaltsplan für das Jahr 2014. Überall war zu hören, dass man in Zukunft kleinere Brötchen backen müsse. Die Zeiten, in denen ein Prunkprojekt nach und neben dem anderen gebaut wurde, sind definitiv vorbei.

Und dennoch lässt der Stolz oder manche Fehleinschätzung – oder beides – einiger Gemeindeväter es nicht zu, dass in ihren Gemeinden kein „Monument“ in Form einer maßlos überdimensionierten Kultur- oder Sportstätte, um nur diese Beispiele zu nennen, geplant und gebaut wird.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

Dass vielleicht in der Region ein ähnliches Projekt bereits realisiert wird, ändert an den Plänen dieser Gemeindeoberhäupter nichts. Ganz im Gegenteil: Kommunen beäugen sich manchmal wie die Bürger einer Reihenhaus-Siedlung: Man steht zwar zusammen, doch man lästert auch mal gerne über den Nachbarn, hier und da gibt es auch mal Schadenfreude.

Anhand zahlreicher Beispiele kann man feststellen, dass sich eine regionale Zusammenarbeit durchaus lohnen kann. Sowohl für das Budget als auch für die Interessen und die Lebensqualität der Bürger. Die gleichen Beispiele haben aber zudem gezeigt, wie schwierig es ist, gemeindeübergreifend zu planen. Es ist deutlich geworden, dass die tatsächliche Fähigkeit der Kommunen, regionale Kooperationen sowie die Planungs- und Entwicklungskoordination zu fördern, sehr begrenzt ist. Was kann getan werden, um die regionale Kooperation zu stärken?

Großes Wissensdefizit

Eine Möglichkeit besteht darin, die Rechts- und Verwaltungsstrukturen zu verändern. Doch dann zieht man sofort in den Krieg mit der Unantastbarkeit der kommunalen Planungshoheit. Es ist unrealistisch, größere Beschneidungen der kommunalen Planungshoheit zu erwarten oder vorzuschlagen, auch wenn es der Region nutzen könnte, einige Planungszuständigkeiten auf eine höhere Ebene zu verlagern. Die gesellschaftliche und politische Unterstützung für derartige Veränderungen ist einfach zu schwach.

Eine andere Möglichkeit wäre, die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen für ihre überaus wichtige Rolle, die sie zu erfüllen haben, zu schulen oder weiterzubilden. Bei allem Verständnis für den Einsatz, den diese Leute oft ohne Vorkenntnisse an der Spitze einer Gemeinde leisten, ortet man hier doch ein großes Wissensdefizit. Viele Bürgermeister sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, in der Zwickmühle zwischen Sparzwang und steigenden Ausgaben ihre Aufgaben so gut wie möglich zu erfüllen. Im Ringen mit den alltäglichen Dingen fällt der Blick nach vorne oft zu kurz aus.

Wer jedoch zumindest über einen Teil der dringend notwendigen Veränderungen Bescheid weiß, kann Entscheidungen treffen und Maßnahmen einleiten, die eine gute Zukunft sichern.

Für diese Zukunft müssen wir in anderen Systemen und Strukturen denken und über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Nicht vergessen sollten wir dabei auch den demografischen Wandel, der nicht nur irgendeine Veränderung von Zahlen in Statistiken ist. Er ist Ausdruck und gleichzeitig maßgebender Faktor eines fundamentalen Wandels, wie die Menschen den Wert des Lebens betrachten.

Dadurch entstehen neue, in der Menschheitsgeschichte bisher unbekannte Fragestellungen. Eine davon lautet: Wie kann eine Gesellschaft funktionieren, in der weit weniger Kinder als ältere Menschen leben? Eine andere lautet: Welche Konsequenzen bringt das für die individuellen Lebensentwürfe und was kommt auf öffentliche Institutionen zu? Und: Wie sehen unsere Dörfer und Städte in Zukunft aus und welche Rolle haben sie zu erfüllen?