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Alles Neue

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Also fair ist es ja nicht gerade. Ausgerechnet jetzt, da der amerikanische Senat letzte Woche das neue Gesetz über die Adoption von nordkoreanischen Kindern durch US-Bürger gutgeheißen hat, verkündet Kim Jong-un, dass in Nordkorea künftig alles besser werden soll. Nun gut, junge Menschen im zarten Alter von 29 Jahren haben das Recht auf Änderungen, auch wenn sie einem 24-Millionen-Volk vorstehen und erst seit einem Jahr in Amt und Würden sind. Aber vielleicht ist dem Neuen ja auch nur aufgestoßen, dass die USA das neue Gesetz parallel zu einem neuen russischen Gesetz vom 29. Dezember letzten Jahres gestimmt haben, das den Amerikanern, infolge deren Reaktion auf den Tod des russischen Anti-Korruptions-Anwalts Magnitski, die Adoption von russischen Kindern verbietet. Zwei Tage vor seiner Neujahrsansprache.

Und stur, wie Nordkoreaner nun einmal sind, und aller hiesigen offiziellen alten und neuen Propaganda zum Trotz, will Kim Jong-un nun alles neu gestalten, wirtschaftlich und politisch, bis hin zur Versöhnung mit Südkorea, mit dem man seit dem Waffenstillstand am Ende des Koreakrieges im Juli 1953 eigentlich noch immer im Krieg ist. Damit die Kinder es besser haben sollen. Und nicht adoptiert zu werden brauchen, weil Nordkorea sich künftig selbst um seine Kinder kümmert. Was Putin als offizielle Argumente vorbringen kann, kann Nordkorea schon lange.

Die Gunst der Stunde nutzen

Dennoch bleibt Kim Jong-un sehr vorsichtig. In der Tat besteht der größte Teil seiner Neujahrsansprache, bei allem Respekt vor Unterschieden, aus Hinweisen auf große Verdienste seiner Vorgänger.

Damit will uns der Neue sagen, dass seine Ideen so neu nicht sind, da die neuen Wege, die er geht, eingebunden sind in die Planmäßigkeiten seiner vorher die Macht ausgeübt habenden Verwandtschaft, also Vater Kim Jong-il und Großvater Kim Il-sung. Vielleicht will Kim Jong-un ja auch nur die Gunst der Stunde nutzen für einen nordkoreanischen Neubeginn. Die Gelegenheit ist günstig, denn nicht nur er ist neu im Amt.

Vielleicht will Kim Jong-un ja auch nur die Gunst der Stunde nutzen, für einen nordkoreanischen Neubeginn. Denn nicht nur er ist neu, trotz langer Familientradition durch Vater Kim Jong Il und Grossvater Kim Il Sung.Auch in Südkorea gibt es mit Park Geun-hye eine neue Präsidentin. Und auch sie, ungeachtet des Altersunterschiedes zu Kim Jong-un, ist für die Südkoreaner zwar die erste Frau, die durch die Wahlen im letzten Dezember Präsidentin ihres Landes wurde, aber so neu in der politischen Szene ist sie auch wieder nicht.Sie ist seit den Wahlen vom letzten 19. Dezember zwar die erste Frau an der Spitze ihres Landes, aber auch sie ist kein politischer Neuling, sondern eingebunden in die bisherige Entwicklung Südkoreas.

Mit Kim Jong-un verbindet sie, bei allem Respekt vor Unterschieden, nämlich die Parallele, dass auch ihr Vater schon einmal die Amtsgeschäfte führte, in Südkorea, ebenfalls ziemlich diktatorisch, nach einem Militärputsch im Jahre 1961 bis zu seiner Ermordung im Jahre 1979. Und auch Park Geun-hye will neue Wege gehen. Besonders mit Blick auf Nordkorea, dem sie eine noch engere wirtschaftliche Zusammenarbeit angeboten hat. Wenn dieses auf sein Raketenprogramm verzichtet. Was es nicht tun wird, weil es die größte innenpolitische Errungenschaft Kim Jong-uns ist, vorbereitet von der Verwandtschaft, verbunden mit großen finanziellen Entbehrungen für die Nordkoreaner.

Und dann gibt es da noch weitere Neue, die Kim Jong-un bei der Neuausrichtung des Landes unterstützen könnten. In China etwa, dem „großen Bruder“ und größten Wirtschaftspartner Nordkoreas, ist die gesamte Führungsriege neu. Selbst wenn es von dort aus, ziemlich neu, in letzter Zeit zaghafte kritische Ansätze in Richtung Nordkorea zu hören gab, z.B. beim letzten Raketenstart, war dies immer verbunden mit der gereichten Hand auf dem Weg in eine neue gesellschaftspolitische Entwicklung. Unter Wahrung des „Bewährten“, wie in China.

Schließlich gibt es mit Blick auf Nordkorea noch andere Neue. Das sind wir. Also Luxemburg, das als neues Mitglied des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen dort die nächsten beiden Jahre den Vorsitz des „Nordkorea-Sanktionskomitees“ innehaben wird. Und als frühere Beteiligte am Koreakrieg werden wir genau darauf achten, ob Kim Jong-un bei seinen neuen Ideen bleiben wird oder nicht. Hoffen sollte man es.
So gesehen: Alles Neue, für ein vielleicht gutes Jahr.