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(Tageblatt-Archiv)

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Die Tendenz ist klar. Würde am Sonntag ein neues Parlament gewählt, würden die Koalitionspartner CSV und LSAP deutliche Stimmenverluste hinnehmen müssen.

Dies geht eindeutig aus der neuesten «Sonndesfro» hervor, die TNS Ilres im Auftrag des Tageblatt zwischen Ende Mai und Mitte November durchgeführt hat (s. unsere Ausgaben von vergangenem Mittwoch bis Samstag).

Tom Wenandy twenandy@tageblatt.lu

Besonders tragisch wäre das Ergebnis dabei für die LSAP. Denn die Sozialisten würden im Süden, nach einem ersten Sitzverlust bei den Wahlen von Juni 2009, dreieinhalb Jahre später ein weiteres Parlamentsmandat einbüßen und im größten Wahlbezirk des Landes nur noch auf sechs Mandate kommen.

Unter dem Strich würden aus nationaler Sicht demnach nur noch 12 Sitzplätze für die LSAP auf Krautmarkt reserviert. Aber damit nicht genug: Die DP könnte laut Sonntagsfrage sicher zwei, möglicherweise sogar drei Sitze hinzugewinnen. In letztgenanntem Fall würde die Partei um den Differdinger «Député-maire» Claude Meisch mit den Sozialisten auf Krautmarkt gleichziehen. Was wiederum wohl den einen oder anderen in der CSV zum Nachdenken hinsichtlich eines neuen Koalitionspartners bringen könnte. Schließlich wären ein weiterer Index-Klau – von einer Abschaffung wollen wir nicht sprechen – sowie ein weiterer Sozialabbau im Sinne der Besserverdienenden und der Arbeitgeber wohl (noch) einfacher durchzusetzen als mit der LSAP.

Zweier- oder Dreierkoalition möglich

Zwar würde bei einem aktuellen Urnengang auch die CSV mit einem Minus von einem bis zwei Sitzen (wenn der Wackelsitz im Osten an die DP ginge) von den Wählern abgestraft, an einer Regierungsbeteiligung von «déi mam Juncker» führt aber aufgrund ihres enormen Polsters kein Weg vorbei. Es sei denn Grüne, LSAP und DP würden sich mit zusammen einer Mehrheit von 31 Sitzen zu einer Dreier-Koalition durchringen können. Was derzeit, wenn auch theoretisch möglich, praktisch aber wohl eher unwahrscheinlich erscheint.

Kritiker mögen nun behaupten, dass es sich bei der Sonndesfro «nur» um eine Meinungsumfrage handelt und dass eben an diesem Sonntag nicht gewählt wird. Das stimmt wohl, nur sollte dabei bedacht werden, dass die Erhebung mehr ist als eine Momentaufnahme. Die Daten werden, wie bereits erwähnt, über einen sechsmonatigen Zeitraum erhoben und eben nicht punktuell.

Dies hat den Vorteil (für einige mag es einen Nachteil darstellen), dass spezifische Ereignisse weit weniger ausschlaggebend bei der Wahlabsicht sind, als dies bei «echten» Momentaufnahmen der Fall ist. Was wiederum erlaubt, eine weniger fluktuierende Tendenz festzustellen. Ganz in diesem Sinne müssen (oder sollten) sich vor allem CSV und LSAP in Frage stellen.

Denn wie das Ergebnis zeigt, sind die Wähler zusehends unzufriedener mit der Regierungsarbeit. Dies, obwohl zum Beispiel weder eine Rentenreform und ein Staatshaushalt 2013 verabschiedet noch ein Geheimdienstskandal in der angegebenen Zeitspanne öffentlich wurden.

Zwar ist derzeit zu erkennen, dass, um bei der LSAP zu bleiben, diese bemüht ist, von dem von ihr mitgetragenen Sozialabbau und den internen (berechtigten) Kritiken abzulenken und ein positiveres Bild der Partei zu vermitteln.

Aber damit, dass man sich – basierend auf einer Umfrage – für eine Trennung von Kirche und Staat ausspricht oder medienwirksam beteuert, die LSAP habe 2004 gegen die, wie sich nun herausstellt, verpatzte Reform des Nachrichtendienstes gestimmt, ist es nicht getan.

Oder gravierender noch: Diese Herangehensweise zeigt nämlich, dass die sozialistischen Parteioberen die bisherigen Kritiken, sei es von den eigenen Mitgliedern, sei es von Gewerkschaftsseite, entweder nicht verstanden haben oder nicht ernst nehmen.

Denn derzeit geht es ums «Eingemachte», es geht darum, das Luxemburger Modell und die sozialen Errungenschaften, trotz oder gerade wegen derer Luxemburg zu dem wurde, was es heute ist, zu verteidigen. Und genau dies tut die LSAP eben nicht.

Aber die Wähler sind weder blind noch taub.