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13+13+6 auf dünnem Eis

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Bei sommerlichem Wetter mag das Bild eher witzig wirken, aber es passt: Die Dreierkoalition bewegt sich zurzeit auf dünnem Eis.

Würde am nächsten Sonntag gewählt, gäbe es für sie keine Mehrheit, stellte die halbjährliche Tageblatt-Meinungsumfrage eindeutig fest. Es kämen nur noch 29 Sitze zusammen: 12 für die LSAP (-1), 11 für die DP des Premierministers (-2) und 6 für „déi gréng“ (unverändert).

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Ausgehend vom Resultat der Europawahl darf angenommen werden, dass TNS Ilres nicht irrt.

Wer mit einer satten Majorität regiert, braucht sich wenig um die schwankende Stimmung zu scheren. Wer aber nur knapp über dem notwendigen Minimum (31) liegt, wie eben „Gambia“, muss sich auch mit den Momentaufnahmen der Demoskopie ernsthaft auseinandersetzen.

Warum laufen so viele Wähler zurück zur CSV? Doch nicht, weil Letztere sich in ein paar Monaten von Grund auf erneuert hätte! Der in diesem Maße unerwartete Sukkurs ist Ausdruck der Verärgerung in der DP- und der LSAP-Wählerschaft über mangelndes Tempo und flaue Konturen der Reformpolitik.

Es entstand, fälschlicherweise vielleicht, der Eindruck, bei den gesellschaftspolitischen Neuerungen würde gezögert. Die schrittweise Trennung von Staat und Kirchen z.B. bleibt wohl beschlossene Sache, aber warum gibt es noch keine Klarheit in Sachen Werteunterricht statt Religionsvermittlung im Schulwesen? Die Abwehrkämpfe waren voraussehbar, denn Gottes Männer streiten, wie könnten sie anders, um Einfluss und um Geld …

Und dann: Mit der simplen Fortsetzung der CSV-Austeritätspolitik grassiert die Unzufriedenheit.

Von Bettel und Schneider erwartete man die schnelle Wiederaufnahme des sozialen Dialogs auf allen Ebenen, bis hin zur seit Jahren brach liegenden Tripartite. Dieser Tage setzten sie ein erstes Zeichen mit dem Beschluss, die Indexmanipulation einzustellen, und es wurden die Gewerkschaften angehört, aber das Übergangsbudget ist ganz und gar im neoliberalen Brüsseler Sinn wie auch die Anhebung der Mehrwertsteuer um 2% ab Januar 2015.

Obiges und die kleinen Dummheiten, die Patzer in der Öffentlichkeit und in den Medien, geben der ohnehin zahlenmäßig sehr starken CSV mehr Auftrieb als nötig. Wenn so weitergemacht wird, dürfen die Schwarzen sogar von der absoluten Mehrheit träumen, die für sie nach dem Ableben der ADR tatsächlich in Reichweite rückt.

Aber nicht ohne Juncker!, könnte an dieser Stelle der Zwischenruf fallen. Doch, ohne Juncker: Der Mann war in Luxemburg eine Belastung für alle, die CSV eingeschlossen; er musste weg, trotz aller Popularität. In Brüssel soll er jetzt sein wahres Format zeigen, beweisen, dass er, wie viele Luxemburger glauben, in der Politik kann, was seinerzeit Charly Gaul im Radsport konnte.

Er tritt auf dem sozial- und wirtschaftspolitischen Scherbenhaufen an, den er selbst mit seinen deutschen und anderen Freunden in der EU angerichtet hat: Nie gab es so viele Arbeitslose, nie einen solch abscheulichen Verrat an der Jugend, nie so wenig politischen Einfluss Europas auf das Weltgeschehen wie heute.

Sympathiekapital aufgezehrt

Am Freitag (27.06.14) soll im Rat der Staats- und Regierungschefs das Programm umrissen werden, das er, Juncker, mit seiner Kommission auszuführen hat. Nach dem offenen Streit mit dem Vereinigten Königreich und den krassen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Konservativen und den Sozialdemokraten sowie der massiven Präsenz von Rechtsradikalen im Parlament kann Juncker kein Delors werden.

Wir werden seine Brüsseler Karriere mit Angst und Bange verfolgen. Die nicht auszuschließenden Misserfolge werden mit Sicherheit nicht nur dem Präsidenten Juncker angelastet, sondern dem Luxemburger Juncker und implizit dem kleinen Land, aus dem er kommt.

Draußen im krisengeschüttelten Europa hat Luxemburg keine Freunde. Unser Sympathiekapital ist aufgezehrt, liebe Landsleute!