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LiteraturSchreiben am Abgrund – T.C. Boyle wird 75

Literatur / Schreiben am Abgrund – T.C. Boyle wird 75
T.C. Boyle Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

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Über exzentrische Figuren schreibt T.C. Boyle besonders gern, doch in ihnen spiegelt sich auch immer wieder eine amerikanische Gesellschaft am Abgrund. Nun wird die Schriftsteller-Ikone 75.

Die großen Gesellschaftsthemen sind Schriftsteller T.C. Boyle genauso wenig fremd wie die großen Worte und Charaktere. Auch an die großen Zahlen muss er sich langsam gewöhnen: Die Autoren-Ikone wird am heutigen Samstag 75 Jahre alt. Vom Schreiben hält ihn das nicht ab. In seinem jüngsten Werk geht es um eine Welt am Abgrund der Klimakatastrophe, das Artensterben und eine Tigerpython als Schulterschmuck.

Der in New York aufgewachsene Autor, erkennbar an seinem Frank-Zappa-Bart und stets etwas wilder Frisur, wurde am 2. Dezember 1948 als Thomas John Boyle geboren. Seine Eltern, ein Busfahrer und eine Sekretärin, beide Alkoholiker, prägten seine Kindheit. Mit 17 Jahren übernahm der junge Thomas den Namen Coraghessan eines irischen Ahnen und ist den meisten seiner Leser heute als „T.C.“ bekannt. Boyle absolvierte ein Studium in Englisch und Geschichte und war eine Zeit lang als Lehrer tätig.

Nachdem er in den angesehenen „Writers Workshop“ an der Universität Iowa aufgenommen worden war, promovierte Boyle und begann 1978, an der University of Southern California in Los Angeles zu lehren. Dort widmete er sich 37 Jahre lang der Lehre des kreativen Schreibens. Heute lebt er mit seiner Familie in Santa Barbara, etwa zwei Autostunden nördlich von Los Angeles, in einem von Architekt Frank Lloyd Wright entworfenen Haus mit großen Fenstern.

In seinem ersten Roman „Wassermusik“ von Anfang der 80er widmete Boyle sich dem britischen Afrika-Forscher Mungo Park. Das Buch beschrieb er einst als sein liebstes, es sei wild und weitreichend, ein Stolpern am Rande des – genau – Abgrunds. Es folgte „Willkommen in Wellville“ (1993), das von John Harvey Kellogg handelt, dem Erfinder von Erdnussbutter und Cornflakes.

„Dr. Sex“ (2005) fokussierte sich auf den selbstverliebten amerikanischen Sexualforscher Alfred Kinsey. In „Die Frauen“ (2009) erzählte Boyle die Geschichte des berühmten Architekten Frank Lloyd Wright, in dessen Haus Boyle nun wohnt, aus der Sicht von vier Frauen seines Lebens. In „Das Licht“, einem seiner neuen Werke, widmete er sich dem Guru der Hippie-Bewegung, Timothy Leary, der für den freien Zugang zu Drogen wie LSD kämpfte – auch wenn er selbst das Halluzinogen seit seinen Zwanzigern nicht mehr konsumiert habe.

Seit den frühen 80er-Jahren hat der Gewinner des „PEN/Faulkner Award for Fiction“ über ein Dutzend Romane und zahlreiche Kurzgeschichten verfasst. Seine Werke wurden in um die 30 Sprachen übersetzt.

Sein im Frühjahr erschienenes Buch „Blue Skies“ über die Klimakrise sei ein Szenario für Ironiker, um sich an die düstere Realität des Klimawandels zu gewöhnen, sagte Boyle der Seite Literary Hub. Dabei schließe sich mit „Blue Skies“ ein Kreis, der mit Boyles Roman „Ein Freund der Erde“ im Jahr 2000 begonnen habe: Dort sei es auch schon um Erderwärmung und Wetterextreme gegangen, die Handlung spiele 25 Jahre in der Zukunft. „Diese Zukunft ist jetzt. Und so bewerte ich mit ‚Blue Skies‘ die Ergebnisse dieses früheren Szenarios und stelle mir vor, was noch kommen wird.“ (dpa)