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EditorialWie Schwurbler und Rechtsextreme 2021 dominierten

Editorial / Wie Schwurbler und Rechtsextreme 2021 dominierten
Wer neben Hasspredigern und Verschwörungstheoretikern mitläuft, macht sich mitschuldig. Oder mit den Worten Erich Kästners: „An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“ Foto: Editpress/Julien Garroy

Herzlichen Dank: für Ihre unermüdliche Verbundenheit, für die neu gewonnenen Unterstützer – für unseren gemeinsamen Kampf gegen rechte Propagandavehikel und digitale Verschwörungsmaschinerien. Das Tageblatt erlebt eine bis vor kurzem unvorstellbare Solidaritätswelle: Warum dem so ist, hängt eng mit Luxemburgs Pandemiegeschehen zusammen.

Es könnte kaum ironischer sein: Das Jahr beginnt mit Impfdränglern und endet mit Profiteuren der Angst – Luxemburgs Rechtspopulisten. Sie haben Hass und Hetze den Weg geebnet, Corona-Leugner machtversessen angehimmelt und sich auf Kosten verunsicherter Menschen profiliert. Die Roy Redings dieser Welt überlassen Verschwörungsmythen ihren radikalen Anhängern und inszenieren sich als Schutzpatrone individueller Freiheit: ein drastischer Schwenk von „Law and order“ hin zur Destabilisierung der Staatsordnung. Dieser Kurswechsel hat System, diese Strategie fußt auf der internationalen Blaupause rechtsextremer Bewegungen: Die ADR trägt zur Gewaltbereitschaft gegen Presse, Politik und Polizei bei. Ihre Taktik: „Querdenker light“ à la luxembourgeoise, Ausländer- und Wissenschaftsfeindlichkeit unter dem Deckmantel biedermännischer Bürgernähe.

Sie kanalisieren die Wut der Unzufriedenen, aus Skepsis gegenüber Corona-Maßnahmen und Impfung wird Misstrauen gegenüber demokratischen Institutionen geschürt. Nicht unschuldig daran sind die Ereignisse Anfang des Jahres. Der gemeinsame Nenner zwischen Impfdränglern und Rechtspopulisten: blanker politischer Zynismus. Als sich der Frust über Loulou Schiltz entlädt, verändert sich zum ersten Mal etwas Grundlegendes in Luxemburg: Tiefe Trennlinien brechen in unserer Gesellschaft auf, ein ungeheures Ungerechtigkeitsgefühl entsteht. Der Unterschied zur gegenwärtigen Situation: Frust staut sich innerhalb der eher homogenen Gruppe der Impfwilligen auf. Heute ist die Situation eine andere: Das Trennende zieht sich durch Familien, Flirts und Freundeskreise. Die Fronten sind verhärtet, die Radikalisierung vollzogen – ADR sei Dank.

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