Tageblatt: Unbestätigten Gerüchten zufolge messen Sie sich mit 19 Jahren noch regelmäßig. Was ist an dieser Geschichte dran?
Lucas Correia: Ja, das ist auch so, auch wenn es mit den Jahren immer weniger geworden ist. Ich runde dann auf 1,65 Meter auf. Mittlerweile ist mein jüngerer Bruder (15) größer als ich. Akzeptiert und abgefunden habe ich mich mit diesem Thema noch immer nicht, denn ich bin überzeugt, dass noch ein paar Zentimeter hinzukommen könnten. Aber seit drei, vier Jahren stagniert die Zahl. Dass mich die Teamkollegen „Kleiner“ nennen, stört mich gar nicht. Ich sehe es als Stärke. Man lernt, damit umzugehen. Wenn ich meinen Spitznamen mit den anderen der Mannschaft vergleiche, bin ich echt gut weggekommen. Unser Neuer (Thibaut Jacquel) wird wegen seines Schnurrbarts „Stache“ (Moustache) genannt.
Ihr Vorbild Lucas Moura (Tottenham) trägt nicht nur denselben Vornamen, sondern ist mit seinen 1,72 Metern nicht viel größer als Sie. Was verbindet Sie beide noch?
Er ist nicht nur wegen des Fußballs ein Vorbild. Sein Charakter und sein Talent, die Menschen zu unterhalten, haben mir schon immer gefallen. Als Brasilianer ist er positiv eingestellt und hat zu PSG-Zeiten immer mal wieder ein paar scherzhafte Videos auf Facebook gestellt. So bin ich auch. Es gibt Momente, in denen man auf dem Platz seriös sein muss, aber Lachen gehört auch dazu. Ich bin jemand, der in 99% der Fälle lacht. Das macht mich aus. Zu unserer Größe kann man nur sagen, dass das nicht überall passt. Es sind Spielertypen, die man nicht oft sieht. Man braucht ein Team drumherum, das damit umgehen kann.
Sie sind mit 16 zur Fola gewechselt. Ist man in diesem Alter schon ein Folaman-Gentleman?
Nein, das lernt man erst mit den Jahren, wenn man tagtäglich in der Kabine mit den richtigen Gentlemen abhängt und auch mal mit den Erwachsenen ausgeht, um etwas zu unternehmen. Der wichtigste Charakterzug ist der Humor. Ich habe noch nie eine Umkleide gesehen, in der so viel gelacht wird wie bei uns. Unser Slogan ist: „On est nul, mais qu’est-ce qu’on rigole …“ Es ist eben so, dass nicht nur ein Einzelner für die Scherze zuständig ist, sondern wirklich jeder sich dazu berufen fühlt. Respekt und Humor, das ist unser Motto.
Welcher Correia versteht mehr vom Fußball, Fola-Co-Trainer Miguel oder Sie, sein Sohn?
Er war bereits Assistenztrainer, als ich damals noch in Amnéville war. So kam es auch, dass die Fola vorgeschlagen hat, dass ich zum Training vorbeikommen sollte. Es war einfach toll, in diesem Alter schon zu einem Kader einer ersten Mannschaft zu gehören. Was das Fußballwissen angeht, gibt es keine Zweifel, dass er besser ist. Bei den Spielerqualitäten müsste ich allerdings überlegen. Doch er ist leidenschaftlicher Fußballliebhaber. Wenn er nicht gerade Fußball schaut, dann liest er über Fußball. Und er hat ja auch schon ein paar Jahre mehr Erfahrung als ich.
Wie kann man Ihr Verhältnis beschreiben: Gibt es mehr Differenzen zu Hause oder auf dem Fußballplatz? Mussten Sie sich den Respekt mehr erkämpfen als andere?
Zu Hause wird das Thema Fußball eher vermieden – das ist auch besser für meine arme Mutter und meinen Bruder, die sich nicht wirklich dafür interessieren. Es ist auch von Vorteil, denn ansonsten würden wir Diskussionen riskieren, die man zu Hause nicht haben will. Aber insgesamt ist die Situation nicht einfach für uns beide. Auf dem Platz haben wir kaum Kontakt und wenn, dann nur, wenn es darauf ankommt. Ich denke schon, dass er in meinem Fall etwas strenger ist. Wenn mein Vater etwas zu sagen hat, muss es auch raus. Er ist an sich ein ruhiger Typ, aber er reibt mir auch gerne unter die Nase, dass ich noch zu viele Reflexe eines 19-Jährigen habe. Auf der Fahrt nach Hause und daheim muss ich mir ja dann auch nochmals anhören, wenn ihm etwas nicht gepasst hat. Ich war mir immer bewusst, dass es die Schublade „er spielt doch nur wegen seines Vaters“ irgendwann geben würde. Ich war darauf vorbereitet. Sie dauerte nur ganz kurz an, da Sébastien Grandjean früh auf mich setzte und ich mich beweisen konnte. Manchmal hat man einen Kommentar in diese Richtung gelesen oder gehört, aber in den Kabinen war das zu keinem Moment ein Thema. Das ist genau das, was unseren Teamspirit ausmacht.
Wie viele Fahrstunden stehen noch bevor? Werden Sie gleich davon profitieren, nicht mehr auf die Dienste Ihres Vaters als Chauffeur zurückgreifen zu müssen?
Ich hatte am Donnerstagmorgen die ersten beiden Stunden – und niemanden umgebracht. Das war die Hauptsache. Ich mache mir wegen des Führerscheins keinen Stress.
Ihre Stärke auf dem Platz ist die Schnelligkeit. Kommt Ihnen bei der Fola eigentlich jemand bei den Sprints hinterher?
Also auf den ersten Metern nach dem Antritt hätten es die meisten wohl sehr schwer, allerdings haben wir ein paar Raketen, wenn die Distanzen länger werden. Bob Simon und Michael Omosanya sowie Julien Klein sind sehr schnell. Ich merke schon, dass ich mich wohler fühle, wenn die Schnelligkeit am Spieltag stimmt. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht auch andere Qualitäten hätte. In Ettelbrück hat es letzte Woche beispielsweise auch 20 Minuten Spaß gemacht, an dieser Rutschpartie teilzunehmen. Irgendwann war allerdings auch die Thermowäsche durchnässt und die Finger gefroren. Das war schon weniger lustig. In der Pause war wirklich jeder duschen. Es blieben dem Trainer dann knapp zwei Minuten für die Ansprache, da wir uns alle umgezogen haben.
Eilig hatten Sie es auch bei Ihrem zweiten BGL-Ligue-Einsatz: Mit 17 schossen Sie Ihr erstes Tor. Was ging Ihnen damals durch den Kopf?
Es war gegen Mühlenbach. Die Freude war einerseits riesig, andererseits aber auch gedämpft, da es beim 2:3 blieb. Nach dem Spiel haben mich Leute nach meinem Alter gefragt. Inzwischen kamen noch vier Tore dazu. Ich bin also nicht unbedingt ein Fall für gute Statistiken. Da arbeite ich dran, da auch der Trainer nicht müde wird, mich daran zu erinnern. Aber irgendwie wird heute zu viel Wert auf diese Zahlen gelegt. Ich empfinde mich eher als jemand, der den Leuten durch seinen Fußballstil Freude im Stadion bereiten will.
Im Sommer haben Sie Ihr Abitur gemacht. Wohin soll der Weg jetzt führen?
Der ursprüngliche Plan war, Luxemburg im Sommer zu verlassen. Es gab Alternativen, nur gab es eben nichts Konkretes. Ich bin bei der Fola geblieben und wurde Teil dieser außergewöhnlichen Europapokal-Kampagne. Leider wurde ich nicht zum Psychologie-Studium angenommen, wie ich es mir vorgenommen hatte. Es hat mich definitiv gestört, dass ich so viel Zeit zu Hause verbringen musste, statt zu studieren. Am Saisonende werde ich ins Ausland gehen – entweder wegen des Studiums oder des Fußballs, oder um beidn zu kombinieren. Ich will das Leben außerhalb Luxemburgs entdecken.
2 Fragen zum Wochenende
Wie souverän hat sich die Escher Fola in den letzten Pflichtspielen präsentiert?
Etzella hat ein starkes Team. Auf diesem Platz hätte es in alle Richtungen gehen können. Der Ball blieb teilweise einfach liegen … Die erste Hälfte war ausgeglichen, nach der Pause sind wir besser reingekommen. Die letzten zehn Minuten gehörten dann wieder den Ettelbrückern. Es ist ein typisches Fußballding, aber wenn man zu viele Torchancen ungenutzt lässt, wird man früher oder später bestraft. Mit Zachary Hadji und Dejvid Sinani haben wir zwei Torjäger verloren. In der Hinrunde ging diese Konkretisierung verloren. Mit Thibaut Jacquel kam allerdings jetzt wieder einer dazu, der das übernehmen kann.
Welche Lehren hat die Fola aus dem Hinspiel gegen Déifferdeng 03 gezogen?
Es war ein ganz ausgeglichenes 1:1. Allerdings hatten wir in der zweiten Hälfte ein paar Latten- und Pfostentreffer, aber der Ball wollte nicht rein. Stattdessen traf Aurélien Joachim von der Mittellinie. Ihre Verteidigung ist jung, aber stabil. Kevin D’Anzico und Edin Osmanovic kenne ich aus der U21-Auswahl. Sie sind in der Lage, jedem Gegner wehzutun und kommen zu Recht mit viel Selbstvertrauen zu uns. Aber wir haben am Sonntag bereits viel Willen und Motivation gezeigt. Zudem ist unser Platz in optimalem Zustand, sodass man richtigen Fußball spielen kann.
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