Martin Forkel ist, zumindest als Trainer, zu einem wahren Globetrotter geworden. Als Spieler verbrachte er seine Profikarriere ausschließlich in Deutschland. Wacker Burghausen, TuS Koblenz oder zuletzt (2014) der 1. FC Saarbrücken: Nach über 250 Pflichtspielen in der zweiten und dritten Liga stand er vor acht Jahren erstmals auf der anderen Seite. Zwei Jahre blieb er im Saarland, dann kam der Kontakt zum vietnamesischen Verband über Agenten zustande. „Geplant waren zunächst nur sechs Monate“, erinnert sich der heute 43-Jährige.
Nicht nur die Dauer des Aufenthalts entwickelte sich, sondern auch das Aufgabenfeld: Forkel, der als Fitnesscoach eingestellt worden war, wurde relativ schnell die Rolle des Co-Trainers übertragen. Nur zwei Wochen, nachdem der Vertrag bei der vietnamesischen Nationalelf ausgelaufen war, telefonierte er erstmals mit Winfried Schäfer. „Er war damals im Iran und suchte einen Co-Trainer.“ Die Gespräche liefen gut und nach einem ersten gemeinsamen Trainingslager in der Türkei bot man Forkel einen halbjährigen Vertrag bei Esteghlal FC an. Die Reise des deutschen Duos führte nach Saisonende in die Arabischen Emirate.
Es waren die Zwangspause der Pandemie und die Rückkehr in die Heimat Saarbrücken, die ein Umdenken bei Forkel zur Folge hatten: „Ich hatte die Entscheidung getroffen, wieder als Cheftrainer arbeiten zu wollen.“ Im November 2020 stellte ihn Ehrenpromotionär Berburg ein. Seit Sommer steht er bei den Nachbarn aus Rosport an der Seitenlinie. „Es ist ideal, wenn man das Berufliche mit dem Privaten verbinden kann“, meinte er zu der Flexibilität, wieder in den heimischen vier Wänden zu Hause zu sein. „Als Trainer ist das ein Luxus, aber für mich kein Kriterium. Dadurch, dass ich viel im Ausland unterwegs war, bin ich offener geworden.“
Besonders geprägt haben ihn die Einstellung und die Mentalität der vietnamesischen Spieler. „In Deutschland macht sich die Bequemlichkeit bereits in den Jugendkategorien bemerkbar. Die müssen sich kaum selbst um etwas kümmern. Im Vietnam sind die Spieler nicht verwöhnt. Sie arbeiten brutal hart an sich. Die Dankbarkeit, die ich dort erfahren haben, war beeindruckend. In Deutschland fehlt mir dieser unbedingte Wille.“
Kaum verwunderlich also, dass Athletik und Mentalität eine große Rolle bei Forkel – und Rosport – spielen. Er berichtete von einer hohen Trainingsintensität und einer laufintensiven Spielart. „Niemand darf sich zu schade sein, die Wege zu machen – sei es mit oder gegen den Ball.“ Seine Ideen und Vorstellungen an den Mann zu bringen, verlief zunächst holprig. Der Kader ist nicht nur sehr jung, sondern stand erst spät. Zudem verletzte sich Stürmer-Neuzugang Milislav Popovic noch vor Saisonauftakt. „Die ersten zwei Spiele haben wir dann auch ordentlich Lehrgeld gezahlt“, beschrieb Forkel die zwei Pleiten (1:5 gegen Monnerich, 1:3 gegen Wiltz).
„Wichtig für den Kopf“
Der ehemalige U18-Vizeeuropameister erkennt Woche für Woche eine Steigerung: „Gegen Hostert und Strassen haben wir zwar ordentlich gespielt, aber der absolute Wille, den Ball über die Linie zu drücken, fehlte. Bei uns müssen alle stets an ihr Limit gehen.“ Lob erhielt Neuzugang Yan Bouché, dem man zu Beginn die fehlende Spielpraxis ansah. „Aktuell strotzt er vor Selbstvertrauen. Seine Entwicklung macht Spaß. Das kann man so auch eins zu eins auf die andern übertragen. Das Erfolgserlebnis letzte Woche war wichtig für den Kopf.“ Gegen Ettelbrück fuhr die Victoria den ersten Saisondreier ein.
Zu null spielte der Verein nicht. Das trifft nur auf das torlose Remis gegen Strassen zu. „Wir müssen eine defensive Stabilität reinbekommen. Diese Konstanz haben wir noch nicht“, beschrieb er das 1:5 gegen UT Petingen. So kommt es, dass Rosport zum zweiten Mal in der Saison Teilnehmer des Duells „Letzter gegen Vorletzter“ ist. Zweiter Protagonist ist am Sonntag die trainerlose Fola aus Esch.
„Ich achte nicht auf die Tabelle“, sagte Forkel über den Kellerschock. Das einzige Ziel der Gäste wird es sein, die ersten drei Auswärtspunkte einzufahren. „Üblicherweise stehen Spieler nach einem Trainerwechsel in der Pflicht. Ich gehe mal davon aus, dass der Co-Trainer (Serge Wolf) auf erfahrene Leute wie Runser und Bensi setzen wird. Aber damit wollen wir uns nicht befassen, da wir keinen Einfluss darauf haben. Worauf wir als Trainerteam Einfluss haben, ist die Einstellung unserer Mannschaft.“
Das klar definierte Ziel der Mannschaft von der Sauer ist der Klassenerhalt. Gezittert und gekämpft werden muss möglicherweise bis zum Schluss. „Ich möchte, dass sich meine Spiele nicht nur als Mannschaft, sondern auch individuell weiterentwickeln.“ Die nächste Möglichkeit dazu gibt es am Sonntag auf dem Galgenberg.
Es schließt sich der Kreis
Im kommenden Monat beginnt für Martin Forkel ein neuer Abschnitt. Der BGL-Ligue-Trainer beginnt die Ausbildung der UEFA-Pro-Lizenz. Ausgesucht hat er sich einen ganz besonderen Leiter: Reinhold Breu. Der litauische Nationaltrainer war bekanntlich über zehn Jahre Technischer Direktor der FLF. Kennengelernt hat sich das Duo aber schon zu Beginn der 2000er-Jahre bei Wacker Burghausen. Gekreuzt haben sich die Wege später in Saarbrücken: Der FLF-Beauftragte und der damalige Jugendtrainer der Saarbrücken arbeiteten eng zusammen. Jetzt kommt es zur dritten Vereinigung, diesmal in Litauen.
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