Es ging schon auf 2.00 Uhr morgens zu, da erspähte José Mourinho im Parkhaus der Puskas-Arena von Budapest „seinen“ Hauptschuldigen an seiner ersten Niederlage in einem europäischen Endspiel. Und wie schon so oft in seiner sportlich erfolgreichen Karriere verlor der Trainer der AS Rom die Selbstkontrolle und pöbelte Schiedsrichter Anthony Taylor unflätig an.
In einem millionenfach angeklickten Video war zu sehen und vor allem zu hören, wie sehr die 1:4-Niederlage im Europa-League-Finale gegen den FC Sevilla im Elfmeterschießen an dem Portugiesen nagte. „Eine verdammte Schande“, brüllte der 60-Jährige in Richtung des Unparteiischen, der in einem Minibus auf die Rückfahrt zum Hotel wartete.
Was den Starcoach auch noch weit über eine Stunde nach dem Abpfiff in Rage brachte: Der englische Referee hatte beim Stande von 1:1 in der 75. Minute eine Elfmeter-Entscheidung gegen die Spanier nach einer Videoüberprüfung wieder zurückgenommen. Während der Partie hatte Mourinho darüber hinaus so vehement wie vergeblich einen Platzverweis für Sevillas argentinischen Mittelfeldspieler Erik Lamela gefordert.
Schon bei der Siegerehrung hatte der grauhaarige Exzentriker keinen Zweifel daran gelassen, wie schwer er an der Niederlage zu knabbern hatte. Mit verächtlichem Gesichtsausdruck warf er die ihm gerade als Endspielteilnehmer überreichte Medaille einem jungen Stadionbesucher zu.
Wohl zu gerne hätte „The Special One“ auch sein sechstes europäisches Finale gewonnen, Mourinho wäre damit zum alleinigen Rekordsieger vor dem legendären Giovanni Trapattoni aufgestiegen. Doch die Führung für sein Team durch Paulo Dybala (35.) reichte nicht zum Sieg.
Mourinhos Abschied aus Rom
Die Andalusier glichen durch ein Eigentor von Gianluca Mancini (55.) aus und hatten im Elfmeterschießen das bessere Ende für sich. Der marokkanische Nationaltorhüter Bono parierte zweimal, den entscheidenden Elfmeter verwandelte Gonzalo Montiel.
Schon direkt nach der Partie hatte Mourinho angedeutet, das letzte Spiel in der Serie A am Sonntag gegen La Spezia Calcio könnte sein letztes beim Hauptstadtverein sein. „Ich will bleiben, aber unter besseren Bedingungen, damit ich mein Bestes geben kann“, sagte er.
Und dementierte gleichzeitig, bereits mit Frankreichs Rekordmeister Paris Saint-Germain im Gespräch zu sein: „Ich habe den Klubbesitzern zugesagt, dass ich nichts heimlich machen würde.“ Der Vertrag Mourinhos bei den Italienern läuft noch bis 30. Juni 2024.
An seinen taktischen Fähigkeiten jedenfalls zweifelt nach wie vor kaum jemand in der Ewigen Stadt. „Wenn Mourinho geht, verliert die Mannschaft die Fähigkeit, auf jede Schwierigkeit zu reagieren“, warnte der Corriere dello Sport. Und Tuttosport formulierte: „Mourinho könnte sich von Rom verabschieden, seine Leistungen hier werden jedoch unauslöschlich sein.“ (SID)
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