Der „Deadline day“ hat seine eigenen Gesetze. Während es für Vereine, die ihre Kaderplanung schon länger abgeschlossen haben, nur darum geht, die Aktualität bei der Konkurrenz zu verfolgen, stehen andere Präsidenten unter Hochspannung. Einer, der in den letzten Tagen hautnah erlebt hat, wie unsportlich es auf dem Spielermarkt zugehen kann, ist D03-Boss Fabrizio Bei. Während der Wechsel von Erico Castro nach Maribor reibungslos und korrekt abgelaufen ist, hat es der Fall des französischen Offensivspielers Amine Naïfi sogar in die ausländische Presse geschafft: Die Bild-Redaktion hatte am Mittwoch erstmals einen Artikel der Kollegen des Le Quotidien aufgegriffen. Der Differdinger Vereinspräsident hatte auch dem Tageblatt bereits vergangene Woche klar und deutlich erklärt, dass Naïfi nicht mehr zum Kader gehöre – und auf eine Unterschrift gedrängt hätte. Genauer äußern wollte er sich damals noch nicht.
Zwischenzeitlich aber hat Bei seinem Ärger in der Presse Luft gemacht: Konkret geht es darum, dass der Agent des besagten Spielers dem Präsidenten Gewalt angedroht hatte, sollte der Verein den Fußballer nicht ziehen lassen. Bei erklärte, dass das Vorgehen auch rechtlich falsch sei – immerhin hatte der Spieler ihm einen angeblichen Vertrag des FC Saarbrücken zugeschickt, obschon er noch ein gültiges Arbeitspapier bei seinem alten Verein besaß. So ein Vorgang verstößt gegen UEFA- und FIFA-Regularien.
In der „Cité du fer“ hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt allerdings niemand aus dem Saarbrücker Verein gemeldet, um über den Transfer zu sprechen. „Sie haben sich schlecht benommen, anders kann man es nicht ausdrücken. Du wirst derart unter Druck gesetzt, dass du irgendwann einfach keine Lust mehr hast – und unterschreibst“, meinte Bei ernüchtert. Der 22-Jährige schwänzte das Training und soll sogar Mannschaftskollegen angestachelt haben, ebenfalls einen Wechsel zu erzwingen. Zahlreiche Textnachrichten, Mails und das unangebrachte Verhalten des Agenten veranlassten den D03-Präsidenten schließlich dazu, den Transfer am vergangenen Freitag zu genehmigen. Fakt ist: Naïfi ist weg und D03 könnte schlimmstenfalls komplett leer ausgehen, denn nur wenn Saarbrücken die festgehaltene Kaufoption zieht, wird eine festgelegte Entschädigungssumme für die Differdinger fällig.
Kurios ist allerdings, dass es am Donnerstag dann ein erstes offizielles Dementi aus Deutschland gab: „Es hat keinen direkten Kontakt zwischen den Vereinen gegeben. Alles Bisherige lief offensichtlich auf der Berater-Ebene ab. Es gibt keinen Vertrag zwischen dem FCS und diesem Spieler. Stand heute“, wurde Saarbrücken-Pressesprecher Peter Müller in der Bild-Ausgabe vom Donnerstag zitiert. Bei allerdings hatte bereits am Mittwoch um 17.00 Uhr Transferdokumente aus Saarbrücken, mit der Unterschrift des Präsidenten Hartmut Ostermann, vorliegen.
Eine ähnliche Erfahrung musste auch der F91 machen, dessen ehemaliger Spieler Kevin Van den Kerkhof nun von Bastia ins französische Oberhaus zum FC Metz wechselt. Geld bekommt der Klub von Präsident Gerry Schintgen keins: „Wir Luxemburger Vereine müssen uns wehren“, warnte Fabrizio Bei. „Und wenn man dafür mal so eine Bombe platzen lassen muss, wie ich es jetzt getan habe.“
Beendet ist die Geschichte möglicherweise noch nicht. In Differdingen möchte man sich in den nächsten Tagen mit rechtlichen Schritten beschäftigen und den Rat einer Anwältin hinzuziehen. „Ich möchte nicht als Lügner da stehen“, fügte Bei hinzu. „Wir sind Tabellenführer und wollen uns jetzt endlich wieder auf den Fußball konzentrieren.“ Für Guillaume Trani lag am Stichtag kein konkretes Angebot vor, sodass es keine weiteren Abgänge mehr zu vermelden gab.
Die Stürmersuche
Neben Déifferdeng 03 waren auch der Progrès Niederkorn und Swift Hesperingen bis zum „Deadline day“ offiziell auf Stürmersuche. Der erste Klub, der Vollzug vermelden konnte, war der Meister vom „Holleschbierg“: Bridge Ndilu soll Rachid Alioui und Co. in der Offensive Konkurrenz machen. Der 23-Jährige ist ein ehemaliger Jugendnationalspieler aus Frankreich (sechs Spiele mit der U19), der nach seiner Vertragsauflösung beim FC Nantes, wo er in der National für die Reserven auflief, ablösefrei nach Luxemburg wechselt. Wie Le Quotidien dann später am Abend berichtete, kam mit dem 24-jährigen Tunesier Malek Baayou (ES Sahel) noch ein weiterer defensiver Mittelfeldspieler hinzu.
Schon gegen Mittag gab es konkrete News aus Norddeutschland: Auch FLF-Nationalspieler Sébastien Thill und Hansa Rostock haben die Zusammenarbeit in beidseitigem Einverständnis beendet. Der 29-Jährige war vor einigen Wochen bereits mit Klubs aus Osteuropa in Verbindung gebracht worden, war aber weiterhin mit den Reserven der Hanseaten im Einsatz gewesen. Diese Zeiten sind nun vorbei. Tageblatt-Informationen zufolge ist Thill am Donnerstag nach Polen aufgebrochen. Dementsprechend konnte man eine Rückkehr in die BGL Ligue ausschließen – denn sein Ex-Verein Progrès Niederkorn gehörte bekanntlich zu denjenigen, die intensiv auf der Suche nach Offensivspielern waren.
Um 19.30 Uhr gab es dann die erwarteten Neuigkeiten aus dem Lager der Gelb-Schwarzen: Flügelspieler Issa Bah kehrt nach seinem Italien-Abstecher zurück zum Progrès. Der 21-Jährige spielte seit zwei Jahren bei Venezia FC, gehörte in der Primavera 2 aber nicht zum Stammpersonal. Er unterschrieb einen Zweijahresvertrag im Klub von Präsident Thomas Gilgemann. Für ein Jahr ausgeliehen wurde der 20-jährige Stürmer Yanis Lhery, der seit 2018 bei Saint-Etienne ausgebildet worden ist. Er hat bereits sechs Ligue-1-Kurzeinsätze auf dem Buckel. Damit waren die freigewordenen Plätze nach dem kurzfristigen Abgang von Mayron de Almeida (Virton/B) und Bilal Hend (Versailles/F) wieder besetzt.
Lhery wird nicht alleine nach Luxemburg aufbrechen, denn die Nachbarn aus Petingen haben ebenfalls bei Saint-Etienne rekrutiert: Linksaußen Mathys Saban (20) wird für ein Jahr von den „Stéphanois“ ausgeliehen. Bereits im neuen Trikot der UTP präsentierte sich dann der 22-jährige Edin Osmanovic auf Instagram. Der ehemalige Differdinger Innenverteidiger war seit Juli vereinslos, nachdem sein Vertrag bei St. Pauli II nicht verlängert worden war. Tageblatt-Informationen zufolge könnten am Freitag nicht weniger als vier weitere Neuzugänge bekanntgemacht werden.
Die Differdinger dagegen waren am „Deadline day“ noch etwas länger beschäftigt. Um 21.30 Uhr wartete man noch immer auf die Bestätigung des Transferabgleichungssystems (TMS) der FIFA. Bis Redaktionsschluss gab es daher auch keine Namen. Genau wie bei den Petingern war noch eine Nacht Geduld gefragt.
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