Die zwölfte Etappe der diesjährigen Tour de France war auch gleichzeitig die längste. Über 218 Kilometer ging es gestern auf einem hügeligen Terrain von Chauvigny nach Sarran. 40 Kilometer vor dem Ziel wartete auf das Peloton der Suc au May (3,8 Kilometer Länge bei durchschnittlich 7,7 Prozent Steigung), ein Anstieg, der vor allem „Puncheuren“ entgegenkommen sollte. Vier Fahrer, darunter Luis Leon Sanchez (Astana), fanden sich in der Ausreißergruppe zusammen, später stieß mit Kasper Asgreen (Deceuninck-Quick Step) noch ein Teamkollege von Bob Jungels vorne dazu.
Die Gruppe in dieser Konstellation sollte aber nicht von Erfolg gekrönt sein. Vor allem Sunweb hatte gestern einiges vor: Mit Marc Hirschi, Sören Kragh Andersen und Tiesj Benoot hatten sie gleich drei Mann in der Spitzengruppe platziert, die aus sechs Fahrern bestand, darunter auch der Gesamtsieger von Paris-Nice, Maximilian Schachmann (Bora-hansgrohe). 50 Kilometer vor dem Ziel wurde das Renngeschehen dann hektischer. In der Verfolgergruppe tauchte Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step) ganz vorne auf und schlug ein enormes Tempo an. Der Luxemburger hatte mit Dries Devenyns noch einen weiteren Teamkollegen in der Gruppe, der später das Sprungbrett für Julian Alaphilippe geben sollte.
Erster Etappensieg
In jeweils 20 Sekunden Abständen fuhr erst die erste Gruppe, dann die Gruppe um Jungels und dann das Peloton kurz vor dem Fuß des letzten Anstiegs vorbei. Am Fuß des Anstiegs hatte Jungels seine Arbeit getan, nun mussten Devenyns und Alaphilippe, der zwischenzeitlich zur Verfolgergruppe aufschloss, arbeiten. „Ich hatte nicht die Beine, um Hirschi und Schachmann zu folgen. Ich hatte die Möglichkeit, meine eigenen Karten auszuspielen, aber um ehrlich zu sein, hatte ich mich auf einen ruhigeren Tag eingestellt.“ In der ersten Gruppe belauerte man sich jedoch nicht – erst griff Marc Soler (Movistar) an, dann konterte Hirschi den Angriff und zog alleine am Spanier vorbei. Der Schweizer konnte seinen Vorsprung auf das Verfolgerduo Schachmann-Soler ausbauen und hatte an der Spitze des Anstiegs 19 Sekunden auf die Verfolger.
In der Gruppe um Alaphilippe machte Devenyns die Tempoarbeit, der Franzose versuchte es dann später selbst. Der Teamkollege von Jungels versuchte es öfter mit Attacken, doch konnte er sich weder von seiner Gruppe lösen noch den Rückstand auf Hirschi reduzieren. Im Peloton machte weiter Bora-hansgrohe Tempo. Die deutsche Mannschaft hatte den ganzen Tag gearbeitet, um auf einen Etappensieg von Peter Sagan zu hoffen – am Ende waren sie in den entscheidenden Momenten nicht aufmerksam genug. „Ein langer und harter Tag, mit einem schwierigen Parcours“, erklärte Jungels nach der Etappe. „Es war ein Tag für Ausreißer, aber Bora hat das anders gesehen.“
Nach 218 kräftezehrenden Kilometern durfte sich Hirschi, der 2015 als Nachwusradfahrer den GP Patton in Luxemburg gewann, sich über seinen ersten Tour-de-France-Sieg freuen. Der Schweizer war in diesem Jahr schon je einmal Zweiter und Dritter geworden. Im Sprint des Hauptfeldes konnte sich Sagan durchsetzen, der damit 13. wurde und sich noch ein paar Punkte im Kampf um das Grüne Trikot sicherte. Die Favoriten kamen alle mit dem Hauptfeld an, sodass keiner Zeit einbüßte.
Heute geht es ins Zentralmassiv. Bei der Achterbahnfahrt rund um die Vulkane der schroffen Gegend sind 4.459 Höhenmeter und sieben Bergwertungen zu absolvieren, das Finale am steilen Pas de Peyrol ist knüppelhart.
Corona-Regeln bei der Tour gelockert
Die strikten Corona-Regeln sind bei der 107. Tour de France ein wenig entschärft worden. Wenn am zweiten Ruhetag die nächsten Kontrollen durchgeführt werden, müssen die vier Rad-Teams mit einem Positivfall im Betreuerstab bei einer weiteren Infektion nicht direkt das Rennen verlassen. Das teilte der Veranstalter ASO gestern mit. Demnach fangen alle 22 Rennställe wieder bei null an. Es gilt dann aber weiterhin, dass zwei Positivfälle zum Ausschluss des ganzen Rennstalls führen. Zu einem Team gehören dabei nicht nur die acht Fahrer, sondern auch das direkte Umfeld wie Betreuer, Physiotherapeuten oder Sportdirektoren. Bei der ersten Testreihe am ersten Ruhetag waren Betreuer aus den Mannschaften der Topfahrer Egan Bernal (Ineos-Grenadiers), Guillaume Martin (Cofidis), Romain Bardet (Ag2r La Mondiale) und Adam Yates (Mitchelton-Scott) positiv getestet worden. (dpa)
Ergebnisse
12. Etappe: Chauvigny – Sarran Correze (218 km):
1. Marc Hirschi (Schweiz/Sunweb) 5:08:49 Stunden, 2. Pierre Rolland (Frankreich/B&B Hotels-Vital Concept) 0:47 Minuten zurück, 3. Sören Kragh Andersen (Dänemark/Sunweb) 0:52, 4. Quentin Pacher (Frankreich/B&B Hotels-Vital Concept), 5. Jesus Herrada (Spanien/Cofidis), 6. Maximilian Schachmann (Deutschland/Bora-hansgrohe), 7. Hugo Houle (Kanada/Astana), 8. Sébastien Reichenbach (Schweiz/Groupama-FDJ) alle gleiche Zeit, 9. Kenny Elissonde (Frankreich/Trek-Segafredo) 0:56, 10. Nicolas Roche (Irland/Sunweb) gleiche Zeit, 11. Julian Alaphilippe (Frankreich/Deceuninck-Quick Step) 1:48, 12. Marc Soler (Spanien/Movistar) 2:05, 13. Peter Sagan (Slowakei/Bora-hansgrohe) 2:30, … 86. Bob Jungels (Luxemburg/Deceuninck-Quick Step) 12:58
Gesamtwertung nach 12 von 21 Etappen: 1. Primoz Roglic (Slowenien/Jumbo-Visma) 51:26:43 Stunden, 2. Egan Bernal (Kolumbien/Ineos) 0:21 Minuten zurück, 3. Guillaume Martin (Frankreich/Cofidis) 0:28, 4. Romain Bardet (Frankreich/Ag2r La Mondiale) 0:30, 5. Nairo Quintana (Kolumbien/Arkea-Samsic) 0:32, 6. Rigoberto Uran (Kolumbien/EF Pro Cycling) gleiche Zeit, 7. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE-Team Emirates) 0:44, 8. Adam Yates (Großbritannien/Mitchelton-Scott) 1:02, 9. Miguel Angel Lopez (Kolumbien/Astana) 1:15, 10. Mikel Landa (Spanien/Bahrain-McLaren) 1:42, … 53. Jungels 1:10:56
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