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EditorialSchleich-Werbung: Max Hahn ruht sich auf falschen Lorbeeren aus

Editorial / Schleich-Werbung: Max Hahn ruht sich auf falschen Lorbeeren aus
Familienminister Max Hahn will vor den Wahlen punkten, wo es geht Foto: Editpress/Alain Rischard

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Max Hahn hat es wirklich nicht leicht. Der Nachfolger der ehemaligen Familienministerin Corinne Cahen soll als einer von zwei männlichen Spitzenkandidaten auf der DP-Südliste überzeugen. Dort ist der ehemalige Abgeordnete und Schöffe aus Dippach auch kein gänzlich Unbekannter. Die Crux bei der Sache ist aber die: Während Cahen es sich nach den Kommunalwahlen als Gemeinderätin gemütlich gemacht hat, geht Hahn als taufrischer Familienminister in den Wahlkampf und hat so eigentlich nur Projekte vorzuweisen, mit denen er im Vorfeld herzlich wenig zu tun hatte. Dem Ministerium in nur wenigen Wochen mitten in der Sommerpause seinen eigenen Stempel aufzudrücken, ist quasi unmöglich. 

Daraus resultieren dann solche fast schon peinlichen Auftritte wie am gestrigen Mittwoch. Vorgestellt wurde ein Gesetz, das im Dezember 2022 gestimmt wurde und am 1. Juli 2023 bereits in Kraft trat. Gut anderthalb Monate danach folgen also die Erklärungen des frisch gebackenen Familienministers, der ob der geleisteten Arbeit in Selbstbeweihräucherung badet. 

Im neuen Gesetz geht es um Folgendes: Es schreibt vor, dass sämtliche öffentlichen Orte barrierefrei zugänglich zu machen sind. Betroffene können finanzielle Beihilfen für Umbauten bestehender Orte beantragen. Die Anpassung bestehender Immobilien muss bis spätestens Januar 2032 erfolgen. Die Missachtung des Gesetzes wird mit strafrechtlichen Sanktionen geahndet. Die neuen Barrierefrei-Bestimmungen betreffen unter anderem Krankenhäuser, Hotels, Restaurants, Banken, Schulen, Gotteshäuser, öffentliche Parkplätze, Geschäfte, Bibliotheken, Kinos, Bahnhöfe, Bushaltestellen, öffentliche Parks, Spielplätze und auch Mehrfamilienhäuser, in denen Freiberufler ihre Dienstleistungen erbringen. Wie weit dieser letzte Begriff gefasst wird, muss die Zukunft noch zeigen.

Prinzipiell ein guter Schritt. Doch, wie so oft, folgt ein Aber. Erstens sind die im Gesetz vorgeschriebenen technischen Vorgaben für die Barrierefreiheit nicht an die Realität älterer Gebäude angepasst. Heißt, es würde sehr überraschen, wenn die Anpassungen alle ohne Wenn und Aber passieren, trotz der lehrerhaften Drohungen Hahns. Denn gleichzeitig sagt er auf der Pressekonferenz, dass es Ausnahmen für Gebäude geben werde, deren Zugänglichkeit technisch unmöglich ist oder eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Es winkt das Hintertürchen.

Zweitens betrifft das Gesetz eben weitestgehend nur öffentliche Gebäude. Die meisten privaten Gebäude können weiter, wie gehabt, alle möglichen Hürden für die betroffenen Menschen bereithalten. Auch wenn sie gerade erst frisch gebaut werden. Aber Hauptsache, Papa Staat geht mit (mehr oder weniger) gutem Beispiel voran und die Regierung kann glänzen. Die Vergangenheit hat oft genug gezeigt, dass das nicht Anreiz genug ist, ein nachhaltiges Umdenken in Luxemburg zu bewirken. 

Die politische Führung im Land nimmt es mit der Umsetzung des von Luxemburg unterschriebenen UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht sehr genau. Zumindest nicht so genau, wie es Familienminister Max Hahn am Mittwoch vorgibt. Das zeigen die vielen enormen Rückstände der Maßnahmen des 2024 auslaufenden Aktionsplans. Zentrale Forderungen, die Betroffene schon jahrzehntelang verlangen, stoßen weiter auf taube Ohren. 

Wer mit den Leistungen seines Ministeriums im Wahlkampf punkten will, sollte das nicht mit einem Themenbereich tun, in dem man der Regierung allerhöchstens, mit viel gutem Willen, eine 31 von 60 ausstellen kann.