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Corona-PandemiePaulette Lenert zu Luxemburgs Rekordzahlen: „Was wir sehen, haben wir erwarten müssen“

Corona-Pandemie / Paulette Lenert zu Luxemburgs Rekordzahlen: „Was wir sehen, haben wir erwarten müssen“
Paulette Lenert  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Fast 2.300 neue Fälle an nur zwei Tagen: Die Rekordwerte an Neuinfektionen, die kurz nach den Weihnachtstagen in Luxemburg festgestellt wurden, geben der Corona-Pandemie eine neue Dynamik. Im Gespräch mit dem Tageblatt sagt Gesundheitsministerin Paulette Lenert, dass die Auswirkungen auf die Krankenhäuser wohl in einer Woche greifbar werden.

1.053 und 1.230 – so viele wie nie zuvor. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen hat die Zahl der festgestellten Corona-Neuinfektionen in Luxemburg Rekordwerte erreicht. Im Gespräch mit dem Tageblatt reagiert Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP): „Die Entwicklung haben wir erwartet. Es gibt keinen Grund, warum es bei uns nicht wie in den Nachbarländern kommen würde.“

206.000 Fälle meldete Frankreich am Donnerstag. Am Tag davor waren es 208.000. „Beim Blick auf die Zahlen, die wir registrieren, neige ich dazu, von einer Flutwelle zu sprechen“, sagte der Gesundheitsminister  des Hexagons, Olivier Véran, am Mittwoch vor der Nationalversammlung. „Das sind Zahlen, die mich in Schwindel versetzen.“ Jede Sekunde würden zwei Menschen in Frankreich positiv auf Corona getestet. In Großbritannien stiegen die Infektionszahlen innerhalb von zwei Wochen von 78.610 (15. Dezember) auf 183.037 (29. Dezember).

Wie dort scheint auch in Luxemburg die Omikron-Variante maßgeblich am gesteigerten Infektionsgeschehen beteiligt zu sein. „Ungefähr die Hälfte der Neuinfektionen geht mittlerweile auf die Omikron-Variante zurück“, sagt Paulette Lenert. Luxemburgs Entwicklung sei etwas verschoben gewesen. „Aber das, was wir gesehen haben, haben wir erwarten müssen.“ Man habe sich darauf eingestellt und präventiv gehandelt, sagt Lenert. „Auch wenn viele Menschen enttäuscht waren, bin ich erleichtert, dass wir die großen Events vermieden haben.“ Durch die an Heiligabend im Parlament verabschiedeten Corona-Maßnahmen wurden Veranstaltungen mit mehr als 200 Personen in Luxemburg verboten und die Restaurantbesuche auf bis 23 Uhr begrenzt. Auch wurden strengere Regeln für den Sport- und Freizeitbereich erlassen.

Die großen Unbekannten seien die Pathogenität und die Schwere der Verläufe bei Omikron. „Wir brauchen noch eine Woche, ehe wir sehen, was die Auswirkungen auf die Krankenhäuser sind.“

Contact-Tracing am Limit

Aber Luxemburgs Corona-Strategie hat bei den Infektionswerten der vergangenen Tage ein weiteres Sorgenkind: das Contact-Tracing. Das stoße laut Lenert auch ans Limit. Aber: „Wir haben einen Stufenplan und werden entsprechend reagieren“, sagt die LSAP-Ministerin. Auf den vergangenen Pressekonferenzen sagte Lenert stets, dass das Personal im Team des Contact-Tracing über die vergangenen Monate stetig aufgestockt worden sei – mit der Einschränkung, dass das Contact-Tracing bei zu vielen Neuinfektionen nur noch bedingt Sinn ergeben würde.

Die Inzidenz der Geimpften liegt bei den Infektionszahlen, die am Donnerstag gemeldet wurden, mit 194,15 leicht höher als bei den Ungeimpften (193,00). Dass sich bei Omikron mehr angesteckt würde als bei den Varianten davor, sei kein Grund, alarmistisch zu sein, sagt Lenert. Die Krux liege eben im Krankheitsverlauf. „Wir wissen, dass die Impfung vor einem schweren Verlauf schützt.“ Premierminister Xavier Bettel hatte auf der vergangenen Pressekonferenz erklärt, dass ein Impfschema ohne Boosterimpfung wohl nur zu 50 Prozent vor der neuen Omikron-Variante schützen würde. Mit einer zusätzlichen Dosis würden Experten die Wirksamkeit auf immerhin 70 Prozent beziffern.

Mit einem Anteil von der Hälfte an Neuinfektionen liegt der Omikron-Anteil in Luxemburg sogar über dem in Deutschland – wobei die neuartige Variante des Virus auch im Nachbarland auf dem Vormarsch ist. So gingen laut RKI in der Woche bis zum 26. Dezember laut Meldedaten aus den Ländern 17,5 Prozent der auf Varianten untersuchten Corona-Nachweise auf Omikron zurück. Angesichts einer beginnenden stärkeren Ausbreitung dieser Variante erwägt der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach weitere Krisenmaßnahmen. Lauterbach kündigte für die nächste Woche Vorschläge dazu an. „Wir sind mit einem dynamischen Anstieg der Omikron-Fälle konfrontiert“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in den ARD-„Tagesthemen“. Es gelte zu überlegen, was dies etwa für Kontaktreduzierungen und die Dauer von Quarantänezeiten bedeute. 

Kommen andere Quarantäne-Regeln?

In den USA und Großbritannien wurde auf den Anstieg der Infektionszahlen mit neuen Quarantänemaßnahmen reagiert, um Personalengpässe in Bereichen vorzubeugen, die für die Grundversorgung und Sicherheit nötig sind. Spanien hat die Quarantäne-Dauer für symptomlose Infizierte am Mittwoch von zehn auf sieben Tage verkürzt.

Und auch in Luxemburg sollen die geltenden Verordnungen überarbeitet werden. Corona-Infizierte ohne Symptome müssen nicht mehr in Absonderungsmaßnahmen. „Eine Quarantänepflicht wird bei uns nicht komplett verschwinden“, sagt Lenert. „Unsere Experten überlegen aber, ob wir bei dem bestehenden System bleiben.“

Für die Jahreswende solle man jedenfalls Vorsicht walten lassen, sagt Lenert. „Die Lage entwickelt sich derzeit sehr schnell“, so die Gesundheitsministerin. Man solle sich darauf konzentrieren, diese Entwicklung wo es nur geht zu bremsen. „Es gilt auch weiterhin der Aufruf, die Kontakte wenn möglich zu reduzieren“, sagt sie. Deshalb solle zukünftig weiterhin jeder eine Maske aufsetzen und nicht mit großen Menschenmengen feiern gehen. „Es gilt weiterhin das Prinzip der Vorsicht – es ist jetzt nicht der Moment, um aufzuatmen.“