Lionel Messi wedelte wie befreit mit den Armen, als Argentiniens sichtlich gelöster Superstar und seine Adjutanten in der Kabine des Lusail-Stadions brüllend laut von ihrem großen Traum sangen. „Ich will den dritten Titel gewinnen, ich will Weltmeister werden“, hallte es durch den Bauch der Arena, nachdem Messi einer ganzen Nation den Glauben an den WM-Sieg zurückgegeben hatte.
Die Kritik an Messi? Die Wut über den Fehlstart? Die Panik vor dem Vorrunden-Aus? Alles egal. Nach dem erlösenden 2:0 (0:0) gegen Mexiko, das „La Pulga“ erst mit einem 20-Meter-Strahl ermöglicht hatte, war da nur noch Euphorie – gemischt mit einer großen Portion Erleichterung. „Argentinien benötigte einen Messi mit maradonianischem Trotz, um seinen WM-Traum aufrechtzuerhalten“, urteilte Clarin. „Argentinien lebt noch“, schrieb Ole.
Um das Achtelfinal-Ticket sicher zu lösen, braucht es beim Finale der Gruppe C am Mittwoch einen Sieg gegen die Polen, die vier Punkte auf dem Konto haben. Bei einem Remis wären Messi und Co. vom Ergebnis bei Saudi-Arabien (3) gegen Mexiko (1) abhängig. „Wir haben das erste Spiel verloren und waren draußen. Jetzt haben wir gewonnen, und wir sind nicht Weltmeister“, warnte Messi: „Wir müssen mit den Extremen umgehen.“
An diesem für alle Argentinier emotionalen Samstag, fast auf den Tag genau zwei Jahre zuvor war Diego Maradona gestorben, fiel aber auch von Messi persönlich eine Last ab. Durch sein achtes WM-Tor zog der 35-Jährige nicht nur mit Maradona gleich. Für ihn war es ebenfalls ein Neustart in seine fünfte und letzte WM, nachdem bislang nahezu alles gegen den sechsmaligen Weltfußballer gelaufen war.
„Es war mitreißend“
Die brutale 1:2-Pleite gegen die Saudis, bei der Messi zwar vom Elfmeterpunkt getroffen hatte, doch sonst abgemeldet war, hatte auch bei ihm Spuren hinterlassen. „Meine Familie hat auch gelitten. Den Jungs ging es schlecht, Mateo hat geweint und gerechnet. Die letzten Tage waren lang und schlimm“, gab Messi zu. Verständlich, denn die Kritik war hart, immer wieder kamen Zweifel an Messis Fitness auf. Gerüchte über eine Knöchelverletzung machten die Runde.
Gegen Mexiko probierte der Zauberfuß zwar viel und holte sich die Bälle tief, nur gelingen wollte kaum etwas. Bis ihm Angel Di Maria den Ball 20 Meter vor dem Tor zuspielte und Messi mit links einfach abzog. „Ihr wisst, was passiert ist: Nummer zehn schießt das Tor“, sagte Nationaltrainer Lionel Scaloni, „er macht das, was er am besten kann. Es war mitreißend.“
Als der eingewechselte Enzo Fernandez (87.) spät zum Endstand erhöhte, sprang ihm Messi als Erster in die Arme, bevor in den Katakomben die große Party stieg. „Muchachos, ahora nos volvimos a ilusionar“, Leute, jetzt können wir uns wieder Illusionen machen, heißt das Lied der Band La Mosca, das Messi und Co. dort schmetterten. Wenn Messi aufdreht, ist schließlich nichts unmöglich. Auch der WM-Titel nicht. (SID)
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können