Nein, Freunde werden sie nicht mehr, die Vertreter des „Syndicat professionnel de l’Armée luxembourgeoise“ (SPAL) und der scheidende Generalstabschef Alain Duschène. Die Vorstandsmitglieder der Armeegewerkschaft sind auf jeden Fall nicht dabei, wenn Letzterer heute in Diekirch nach 42 Jahren im Dienst in den Ruhestand verabschiedet wird. Zu sehr scheint die „Causa Schleck“ das Verhältnis zwischen dem General und den SPAL-Vertretern belastet zu haben. Offiziell wird die Covid-Krise als Hauptgrund für die Abwesenheit angeführt: Eine einfache Amtsübergabe bedürfe in Pandemie-Zeiten keiner Feierlichkeiten. Allerdings sei der Vorstand auch zum Schluss gelangt, dass sich der General in der Causa „wenig ehrenhaft“ benommen habe. Deshalb wollten die restlichen Vorstandsmitglieder der Feier aus Solidarität fernbleiben.
Offiziell wird der am 19. März 1960 in Esch geborene Stabschef die Absage des SPAL wohl höchstens nur am Rande zur Kenntnis nehmen. Für Duschène hat sich die Affäre spätestens seit der Ankündigung seines Abschieds erledigt. Auch gegenüber der Presse will sich der Offizier kaum noch zu den Vorgängen äußern. Zu gutgläubig sei er gewesen, meint er lediglich. Mehr will er nicht dazu sagen. Dass der Stachel aber tiefer sitzt, dürfte Beobachtern klar sein. Für den Ehemann, Vater zweier Töchter und dreifachen Großvater ist die Armee eine zweite Familie. Und Streitigkeiten in der Familie gehen nie spurlos am Oberhaupt vorbei.
Knapp 15.000 Tage habe er dem Luxemburger Militär gedient, so Duschène mit militärischer Präzision beim morgendlichen Besuch im Generalstab der Armee in Gasperich. Doch dann verrät er lächelnd, dass ihm ein „kleines Programm“ bei der Rechnerei geholfen habe. Militärisch exakt, aber herzhaft und sympathisch: So wird die Zeitung aus der Escher Kanalstraße von General Duschène an dessen letzten Arbeitstag empfangen. Den Journalisten hätte der Frühaufsteher am liebsten bereits um 7.30 Uhr empfangen, gleich nach dem allmorgendlichen Training auf dem Rudergerät. Die Übungsrunde halte ihn nicht nur fit, sie mache auch den Kopf frei für anstehende Aufgaben, so Duschène gegenüber dem Tageblatt-Vertreter, als dieser zum ausgehandelten Termin kurz nach 8 Uhr erscheint.
Duschène ist ein Self-Made-Militär, wenn es denn überhaupt so etwas gibt. Andere Offiziere sind Quereinsteiger, entscheiden sich erst nach dem Studium für eine Karriere bei der Armee. Nicht so Alain Duschène: Der Escher meldet sich am 24. Juli 1978 als freiwilliger Rekrut zum Dienst. Vom einfachen Soldat zum General: So liest sich die Erfolgsgeschichte des heute 60-Jährigen, der nach der Grundausbildung noch ein Jahr wartet, bevor er sich (erfolgreich) am Examen für Offiziers-Kandidaten versucht. Seine Fortbildung zum Offizier beginnt der Escher 1979 an der „Ecole royale militaire“ in Brüssel.
Dazwischen folgen mehrere Stationen, unter anderem in Ex-Jugoslawien, beim Eurocorps in Straßburg, im Ausbildungszentrum auf Herrenberg und im Büro für Personalfragen und Öffentlichkeitsarbeit. Am 30. September 2017 schließt sich dann ein Kreis für den Escher: Knapp 40 Jahre nach seiner Verpflichtung als freiwilliger Rekrut übernimmt Duschène als neuer Stabschef vom scheidenden Romain Mancinelli den Rang des Generals.
Unter Duschènes Leitung aber fallen auch Einsätze der Armee bei einigen von Luxemburgs schwierigeren Momenten, wie etwa den Überschwemmungen im Ernztal, dem Tornado um Petingen und Bascharage oder dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Einsätze, die den General mit Stolz erfüllen. Stolz auf seine Soldaten, die der Luxemburger Bevölkerung in schwierigen Zeiten zur Seite stehen.
Ganz schwierige Tage aber erlebten der Stabschef und seine Untergebenen, als im Februar 2019 im Munitionsdepot von Waldhof zwei Unteroffiziere ums Leben kamen. Es schmerze immer, wenn Menschen aus einer Familie gerissen werden, betont Duschène, bevor er an die Hinterbliebenen denkt: Sie litten immer noch am meisten unter dem Verlust.
Dass die ganze „Causa Schleck“ doch nicht so spurlos an dem Offizier vorbeigezogen ist, erschließt sich spätestens, als Duschène von aufmunternden Botschaften spricht, die er während der Vorkommnisse um die Versetzung des SPAL-Vorsitzenden von Kollegen und Freunden, aber auch Untergebenen erhalten hat. Seine Gegner nannten ihn einen Lügner, der den obersten Armeegewerkschaftler mit einer erzwungenen Versetzung mundtot machen wolle, so der Vorwurf. Doch der General hält sich auch heute noch pflichtbewusst zurück.
Es sind dessen Weggefährten, die eine Lanze für ihn brechen. Etwa Mitglieder des Generalstabes, die die Führungsqualitäten des 60-Jährigen loben und dessen Warmherzigkeit schätzen. Oder jener Unteroffizier, der sich Ende Februar in der Tageblatt-Zentrale meldet, um den Journalisten im Zuge der „Causa Schleck“ von Duschènes ehrenhaftem Benehmen während der Waldhof-Tragödie zu berichten. An sie wird General Alain Duschène heute wohl denken, wenn er seinen Posten an Lieutenant-Colonel Steve Thull weitergibt. (Eric Hamus)
"Militärisch, herzhaft und sympathisch"
LOL, nichts von allem.